laut.de-Kritik
Bestenfalls zum Schrott-Wichteln geeignet.
Review von Sarah-Nina RademacherNicht schon wieder! Penetrierte Nena uns doch erst dieses Jahr mit einer Live-CD, legt die alternde Neue-Deutsche-Welle-Schrulle pünktlich zum Weihnachtsgeschäft noch ein Best-Of-Album nach. Dabei hätte die frischgebackene Oma doch jetzt wirklich sinnvollere Aufgaben. Waren wir dieses Jahr so unartig - oder womit haben wir das verdient?
Die Antwort liefert uns Nena gleich in ihrem Booklet: "Ich möchte mit meinen Liedern Menschen inspirieren, sich aufs Leben einzulassen, und wenn das passiert, ist das für mich Erfolg." Boah, kann mal jemand diese abartige Schleimspur vom Boden aufwischen? Wenn das für dich, liebe Nena, Erfolg ist, dann hör' verdammt noch mal auf, dauernd irgendwelche Scheiben rauszuhauen, auf denen außer der 17ten Version von "99 Luftballons" absolut nichts Neues drauf ist! Denn das, meine Liebe, schreit nach Kommerz!
Okay, mit "Es Interessiert Mich Nicht" klebt sogar ein neuer Song auf "Best Of Nena", aber das entschuldigt diese CD-Produktion auch nicht. Das belanglose La-La-Lied trieft nur so vor altbekannter Nena-Melancholie. Für Lyrics wie "Ich glaub', ich muss weinen, es ist zu spät, und dann gehen wir doch zusammen und singen ein Liebeslied" gewinnt Nena sicherlich auch keinen Kreativ-Preis mehr.
Aber weil unsere NDW-Oma so begeistert an ihrer Musik festhält, ergreift sie gleich noch einmal die Chance und zerrt ihre alte Busenfreundin Kim Wilde vors Studiomikrofon. Wieso nicht eine neue Variante von "Anyplace, Anywhere, Anytime" aufnehmen? Vielleicht, weil es davon auch schon zig andere gibt? Leider wehrte sich Kim nicht schnell genug. Nena und ihr Dauer-Produzent Uwe Fahrenkrog-Petersen haben den Aufnahmeknopf schon gedrückt. Ärgerlich!
Ja, und weil Nena scheinbar einen Narren an Duett-Songs gefressen hat, bastelt sie neben der aktuellen Single "Haus Der Drei Sonnen" mit Heppner auch ihr Zusammenspiel mit Jugendliebe Udo Lindenberg auf "Jetzt Bist Du Weg" in die Tracklist. Immerhin zeigt sie sich hier etwas origineller und präsentiert den Song in einer Live-Aufnahme.
Den totalen Duo-Overkill verpasst uns Nena mit "Oldschool Baby". Zwar gibts hier keinen singenden Westbam, aber das Techno-Urgestein dreht für den Sound exklusiv die Regler und verzichtet dafür auch nicht auf exklusives Namedropping. Allerdings bildet der Track eine willkommene Abwechslung zum nervigen Nena-Standard-Geplänkel, das die Platte ansonsten beherrscht.
Hätte sie doch bloß auch die Techno-Version von Sven Väth und Anthony Rother bei "Willst Du Mit Mir Gehen" draufgepackt, anstatt wieder so tief in der eigenen Säusel-Schublade zu wühlen. Das hätte ihrer Best-Of wirklich gut getan.
Vielleicht haftete Nena vor 20 Jahren wirklich mal das Prädikat "cool" an. Aber die Ausfahrt zur großen musikalischen Wandlung verpasste sie im Laufe der Zeit gleich mehrmals. Für alle Luftballons liebenden NDW-Nostalgiker gibt "Best Of Nena" sicherlich ein tolles Weihnachtsgeschenk ab. Allen anderen, die darauf aus sind, ihren Horizont zu erweitern, sei gesagt: Diese CD eignet sich bestenfalls fürs fiese Schrott-Wichteln in der Adventszeit.
36 Kommentare
2 Sterne für Schrottwichteln ist dann aber arg viel
Für Frau Kerner wäre die fünfte Einpunktewertung der Woche doch wirklich verdient gewesen.
Es kann halt niemand wirklich jeden zufriedenstellen..
Mir jedenfalls gefällt Nena und ihr neues Album richtig gut.
@Morpho: Hätte es Nena damals schon gegeben, dann wären King Crimson nur Schall und Rauch.
Sancho: aight, Gilf! Aber sowas von.
@lautuser (« Nix gegen Nena, immernoch eine meiner Lieblings-Milfs! »):
Was nun wirklich beweisst, dass Du keinen Geschmack hast.