laut.de-Kritik
In Deckung: Obies Comeback gerät ausnehmend düster.
Review von Valerie TimmWir erheben das Glas zum zweiten Mal: Nach einem bombastischen Debüt, das von vielen schwer unterschätzt wurde, gibt es neues Material von Mr. Obie (Obiah) "real name no gimmicks" Trice. Auf eine Sache darf man bei dieser Platte allerdings nicht reinfallen: Obwohl der Titel einen direkten inhaltlichen Bezug zum Vorgänger "Cheers" nahe legt, ist das neue Album insgesamt sehr düster ausgefallen.
Man denke zum Vergleich nur an damalige Songs wie "Got Some Teeth" oder "Cheers" mit ihrer funny Eminem'schen Seite. Immerhin musste Mr. Trice zwischenzeitlich den Verlust seines Shady Records-Kollegen Proof im April 2006 erleben sowie ein Drive-by-Shooting am Silvestertag 2005, von dem er bis heute ein Projektil im Kopf stecken hat.
Der Song "Cry Now" ist dieser Geschichte geschuldet. Obie äußert darin seine Angst, als nächster auf der Abschussliste nach der Dreierriege Tupac, Notorious B.I.G. und Jam Master Jay zu landen: "Catch me in a Benz like Pac / Catch me in a Tahoe like Big / No." Auch "Kill Me A Mutha" verwurstelt dieses Thema mit Bezug auf die Motorcity Detroit, die für Rapper wohl gefährlichste Stadt der ganzen USA.
Ein Highlight ist sicherlich "Wanna Know", das dem ein oder anderen aus der beliebten amerikanischen HBO-Serie "Entourage" bekannt sein dürfte. Im Chorus taucht übrigens ein klassisches Van Halen-Sample auf. Außerdem ertönt ein Gitarrenriff der lokalen Detroiter Seventies-Hardrocker Power of Zeus, über das Obie den harten Alltag in der Metropole beschreibt: "Niggas bleed like bitches... / Once a month they wake up with an O.B. tampon inserted in they nuts".
Doch neben diesen recht dreckigen Rockeinflüssen und den harten Gangstathemen in "Wake Up", "Violent", und "Lay Down", gibt es natürlich auch noch was fürs Herz. Die Ballade "Ballad Of Obie Trice" beispielsweise geht richtig tief unter die Nagelspitzen. Ebenso verhält es sich mit "Mama", "Ghetto" und "Obie Story", in denen sich der Rapper mit seiner Kindheit und seinem Fame-Status auseinandersetzt. Die erste Single "Snitch", eine Kollabo mit Akon, läuft derzeit auf Dauerrotation und ist einer dieser typischen Ohrwürmer, die man nur schwer wieder los wird. Einen eher durchschnittlichen Song stellt "Out Of State" dar, dagegen glänzt Nate Dogg in "All My Life" - ein typischer Westcoast G-Funk-Kracher à la Mobb Deeps "Have a party".
Auf der chilligen Nummer "Everywhere I Go" erweist uns 50 Cent mit seinem nuscheligen Flow in der Hook die Ehre. Ausgerechnet Eminem hat den Dancehall-Joint "Jamaican Girl" verbrochen - yeah, Em ist zurück am Mic und noch lange kein Raprentner respektive Fulltimeproducer. So etwas hätte man ihm gar nicht zugetraut. Der Track mit Unterstützung der Ladys Brick und Lace stellt einen der wenigen nicht ganz so düsteren Songs des Albums dar. Em darf dann auch gleich noch einen Vers zusammen mit Trick Trick und Big Herc - der sich hier ein bisschen wie Xzibit anhört - in "There They Go" spitten. Der Track gilt jetzt bereits als die heimliche Hymne von Detroit City. Neben Em produzierten Jonathan "JR" Rotem, Akon und 9th Wonder weitere Beats.
Die letzten drei Jahre haben bei Obie definitiv Spuren hinterlassen. "Second Round's On Me" ist im Vergleich zum Vorgänger sehr nachdenklich, ein lyrischer Rundumschlag wie in "Cheers", in dem alle Stimmungen bedient wurden, bleibt aus. Insgesamt gesehen ist das Themenalbum ein solides Werk geworden, dem jedoch zum ultimativen Klassiker der letzte Schliff fehlt.
1 Kommentar
Dieses Album ist mit das beste, was Detroit in den letzten Jahren passiert ist, hier wird kompromissloser, geiler Rapshit abgeliefert, dass von der ersten bis zur letzten Minute überzeugt.