laut.de-Kritik
Oha! Musik mit Eiern? Das klingt nach kantigen Sounds.
Review von Kai ButterweckZerzaustes Haupthaar, Dreitage-Bart und den Blick in die Ferne gerichtet: Olly Murs will es anno 2014 scheinbar richtig wissen. Unterm kantigen Coverfoto seines neuen Albums prangt in dicken Lettern der Titel "Never Been Better". Um der primär weiblichen Fangemeinde einen weiteren Schrecken einzujagen, gab's vor ein paar Tagen ein unmissverständliches Statement obendrauf: "Als ich mit der Albumvorbereitung begann, war mir Folgendes am wichtigsten: Meine Musik sollte mehr Eier haben", so der britische The X-Factor-Zweitplazierte aus dem Jahr 2009. Oha! Musik mit Eiern? Das klingt nach kantigen Sounds.
Nach knapp 45 Minuten "Never Been Better"-Beschallung kratze ich mich allerdings fragend am Kopf. Statt mit Eiern, eckig, unangepasst oder was-auch-immer präsentiert sich Olly Murs mehr oder weniger wie gewohnt: nämlich umnebelt von bereits auf den drei Vorgängeralben umherschwirrenden Erinnerungen an die Großtaten der Herren Jackson, Williams und Timberlake ("Did You Miss Me?", "Wrapped Up", "Never Been Better").
Doch wie in der Vergangenheit hechelt der Brite seinen Heroen meist erfolglos hinterher. Das liegt aber weniger an Olly Murs durchaus facettenreichem Organ oder an dem an sich recht beeindruckend arrangierten Pop-Gestrüpp, das sich hinter Murs Stimme immer wieder in Szene setzt. Das Problem ist das große schwarze Melodie-Loch, in dem der Sänger verzweifelt nach dem Lichtschalter sucht. Vielleicht ist da aber auch gar keiner, was zur Folge hat, dass trotz großer Bemühungen aller Beteiligten am Ende irgendwie nichts so richtig hängenbleibt.
Nicht mal die Balladen – normalerweise die schmucksten Eckpfeiler im Hause Murs – lassen des Hörers Ohren spitz werden ("Tomorrow", "Let Me In"). Und das, trotz tatkräftiger Unterstützung des Godfather of Britpop, Paul Weller. Der The Jam-Gründer bringt genauso wenig ein wie die Produzenten Jason Evigan, Martin Johnson, Cutfather oder TMS. Auch das eingeworfene Gerappe von Travie McCoy ("Wrapped Up") und die Stimme von Demi Lovato ("Up") holen nur wenige Kohlen aus dem Feuer - von Eiern ganz zu schweigen.
Noch keine Kommentare