laut.de-Kritik
Virtuoser Jazz vom Trio um den Pianisten aus Israel.
Review von Giuliano BenassiZwei Einflüsse prägen das Werk des in Düsseldorf lebenden Pianisten: Einerseits Jazz-Größen wie Thelonious Monk oder Keith Jarrett, andererseits die Musik seiner Heimat. "Der Ort, von dem ich herkomme, ist das wunderschöne israelische Lied. Das ist der Startpunkt meines Künstlertums und alles, was ich tue, gründet sich darauf", erklärt Omer Klein 2013 dem Deutschlandfunk.
Eine eigene Herangehensweise, die ihn 2016 zum Steinway-Artist gemacht und dazu geführt hat, dass sein vorliegendes siebtes Album "Sleepwalkers" (2017) das erste bei einem Major ist, nämlich Warner. Sein viertes, "Rockets On The Balcony", war 2010 auf dem Label des Saxophonisten John Zorn erschienen, dem Gründer der "Radical Jewish Culture"-Bewegung.
Radikal ist Klein nicht. Lieber verführt er den Hörer mit dem Bassisten Haggai Milo-Cohen und dem Schlagzeuger Amir Bresler in verträumte, oft aber auch aufrüttelnde Welten. Erinnert der Opener "Wonder And Awe" noch entfernt an Ludovico Einaudi, nimmt das Trio im Titeltrack und "Blinky Palermo" ordentlich an Fahrt auf. Und offenbart dabei eine erstaunliche Verbundenheit. "Unsere lange Freundschaft hat ihren ganz eigenen Sound. Wir haben unser eigenes Denken und Handeln entwickelt", erklärt Klein. Dass jedes Mitglied sein Instrument beherrscht und in der Lage ist, den anderen (bzw. Klein) blind zu folgen, versteht sich von selbst.
"Ich gebe meinen Stücken meist Titel, die mir spontan beim Komponieren einfallen. Oft kommen sie aus dem Unterbewussten und lassen sich nicht erklären", so Klein gegenüber der Rheinischen Post 2013. Dennoch lassen sich die 13 Tracks auf drei Themen aufteilen. "Diese Zentren werden nicht einzeln präsentiert, sondern immer wieder verwoben, um die einheitliche Tapisserie des Albums zu schaffen".
"Das erste Zentrum ist das der 'Sleepwalkers'. Es geht darum, was ich in der Welt um mich herum sehe, in der heutigen Gesellschaft. Ich denke an die Art und Weise, wie wir Technologie nutzen – oder eher, wie Technologie uns benutzt?" Er sieht Mitmenschen, die nur noch auf Display ihres Smartphones schauen, ohne die Welt um sie herum wahrzunehmen. Schlafwandler, eben. "Don't Be A Zombie" und "What's On Your Mind" beschäftigen sich ebenfalls mit diesen kuriosen Wesen.
Das zweite Thema ist eher mystischer Natur. "Als ich etwa fünf Jahre alt war, hatte ich immer wieder diesen Traum, in dem ich in einem geheimnisvollen Wald spazierte und das Gefühl hatte, dass mir etwas offenbart wird. Etwas großes, die ultimative Antwort auf die ultimative Frage", so Klein. Natürlich wachte er stets auf, bevor er die Antwort greifen konnte. "Wonder And Awe", zu Beginn und mit einer Reprise am Ende, rahmt das Album ein. Dazu gehören auch "One Step At A Time", "Each And Every Child" und "Joséphine".
Das dritte Thema ist eher frivoler Natur. ""Blinky Palermo", "Mixtape", "Hookup" und "Underdog" stehen für den leichten, freigeistigen, spaßigen Teil. Gewissermaßen bilden sie das Gegengewicht zu den schwereren philosophischen Themen des Albums und stehen für uns, das Trio: Amir, Haggai und mich. Diese Songs haben Humor, sind manchmal ironisch. Sie sind offen und gehen auf die Menschen zu. Sie könnten als Soundtrack unseres tatsächlichen Lebens als Trio auf Tour gesehen werden", so Klein.
Ein vielfältiges, tiefgründiges, gleichzeitig fröhliches Werk also, das immer wieder Freude bereitet. "Omer Klein eröffnete den Abend mit mehreren Balladen, deren Themen stets eingängig und nachvollziehbar sind, um diese dann mit hohem Tempo rhythmisch aufzubrechen und um schließlich den melodiösen Spannungsbogen der Kompositionen mühelos wiederzufinden.", berichtete die Zeitung Der Westen 2013 über einen Auftritt Kleins. Eine Beschreibung, die auch auf dieses Album zutrifft.
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