laut.de-Kritik
Gewohnt verträumt, aber mit etwas weniger Sonne.
Review von Simon ConradsDer Opener des neuen Palace-Albums führt erstmal auf eine falsche Fährte: Statt wie gewohnt warmen, halligen Gitarren-Sounds springt da in "Never Said It Was Easy" erstmal ein minimalistisches Klavier-Motiv aus den Boxen. Dann gesellt sich noch ein minimalistischer E-Drum-Beat dazu, Falsett-Gesang ertönt. Liest sich wie ein James Blake-Song, klingt auch anfangs so, funktioniert aber auch in der Diskografie von Palace. Trotzdem ist die Freude groß, wenn "Shame On You" soundtechnisch wieder in Richtung der Vorgängerplatten tendiert. Denn was die Briten ganz besonders gut können, ist verträumter, Gitarren-lastiger Indie.
Weniger sonnendurchflutet als gewohnt klingen die Songs, was unter anderem an der Halbschlafsituation der Musikbranche der letzten zwei Jahre liegt. Zusätzlich infizierte sich Sänger Leo Wyndham mit dem Virus und litt knapp neun Monate an Long-Covid-Symptomen. Eine Zeit lang, so erzählte er es im Interview mit HMV, fürchtete er sogar, sein ursprüngliches Stimmvolumen nicht zurückzuerlangen. Isolation und daraus resultierende Selbstreflektion prägen die Texte auf "Shoals". Auch wenn das sicher nicht geplant war, spiegelt das Album die Pandemie aber auch in einem anderen Aspekt: Es ist ein wenig zäh geraten.
Die Platte liefert aber auch zahlreiche starke Songs. "Killer Whale" und "Lover (Don't Let Me Down)" sind wunderbar treibend und schön melancholisch und knüpfen damit an Palace-Songs wie "Live Well" oder "Younger" an. Das elegante Gitarrenspiel in "Sleeper" klingt, als würden Palace einen Kings Of Convenience-Track interpretieren. "Fade" macht Laune, weckt Erinnerungen an Sam Fender und Foals und beweist einmal mehr, wie effektiv simple Gitarrenriffs in den richtigen Händen sein können. Der Song hat einen angenehmen, rumpeligen Lofi-Vibe und klingt fast, als wäre er im Proberaum mitgeschnitten worden. Produziert wurde das Album von Leo Abrahams, der insgesamt sein gutes Gespür für die richtigen Klänge beweist.
"Gravity" könnte dank des verspulten Licks zu Beginn auch von King Krule stammen, durch Wyndhams Gesang wird das Stück dann aber wieder in der Palace-Klangwelt verankert. Spannend ist, dass die Vocals hier ausnahmsweise sehr klar und präsent gemischt sind, während sie sonst oft durch viel Reverb zwischen den Instrumenten versteckt werden. Neben dem Gesang steht auch der Bass im Fokus, der schick durch die zweite Strophe trägt. Das Ende des Tracks gerät leider zu lang und fügt dem Song nichts mehr hinzu. Auch das darauffolgende "Give Me The Rain" hätte von einer Hook-Wiederholung weniger profitiert. "Friends Forever" wiederum gerät mit der titelgebenden Hook etwas zu cheesy.
Das wieder auf einem Piano aufbauende "Salt" steht gegen Ende ziemlich sperrig im Albumfluss und reißt aus den sonst so schönen Gitarrenklangwelten, in die der Titeltrack direkt im Anschluss dann aber wieder entführt. "Where Sky Becomes Sea" ist ein fantastischer, versöhnlicher Closer, in dem Palace großartig Akustik- und E-Gitarre miteinander verweben. Der Track macht dann fast wieder vergessen, dass "Shoals" zwischendurch ein paar Schwachstellen hat. An die beiden Vorgänger, die unaufgeregte Indie-Soundtracks für den Sommer lieferten, kommt das Album leider nur stellenweise heran.
1 Kommentar
Leider echt lahm im Vergleich zum Vorgänger.