laut.de-Kritik

Besetzt die Wälder!

Review von

Hendrik Weber ist einer dieser Künstler, bei dem man ziemlich genau weiß, was einen bei einem neuen Album erwartet. Sein mittlerweile sechstes hat der Musiker unter seinem Alias Pantha Du Prince herausgebracht. Alle changieren sie qualitativ zwischen ziemlich gut bis hochgerade brillant, alle sind sie klanglich vom ersten Augenblick unverwechselbar zuordenbar. Zurückgenommen, verschachtelt und vielschichtig instrumentiert hat sich Weber seine eigene Nische als der große Denker der elektronischen Tanzmusik geschaffen.

Stärker noch als bei seinem nun vor bereits zehn Jahren erschienenen Meisterwerk "Black Noise", bei dem Weber sich von den Wäldern und Schluchten rund um ein verschüttetes Schweizer Dorf inspirieren ließ, zieht es ihn für sein neues Album in die Natur. Zusammen mit drei Mitmusikern widmet er sich der Kommunikation von Bäumen untereinander. Klingt erst mal ziemlich esoterisch, und wahrscheinlich ist es das auch. Andererseits ist dieses Kommunikationsverhalten wissenschaftlich tatsächlich erwiesen und zudem ist der Wald, wie uns spätestens Amazonas-Brände und 'Hambi bleibt' in Erinnerung gerufen hat, in unserer Gesellschaft ein politisch stark umkämpftes Feld.

Angelehnt an den persischen Literaturklassiker "Die Konferenz Der Vögel" stellt "Conference Of Trees" das Ergebnis der Konzerte der vergangenen Jahre dar. Für diese hat Weber neben zwei Musikern seines Projektes The Bell Laboratory auch Manuel Chittka, den Perkussionisten der Bands Jungstötter und Messer, um sich versammelt. Auf Platte klingt "Conference Of Trees" vielleicht eine Spur schwächer als der pulsierende Vorgänger "The Triad", dafür geben die Liveauftritte der Gruppe ein ziemlich eindrückliches Erlebnis ab. Mit obskuren Masken treten Weber und seine Mitmusiker dabei als Waldgötter auf.

Wie ein Pantha Du Prince-Auftritt immer mindestens genauso sehr Performance wie Technokonzert ist, gehen Weber und seine Mitstreiter auch klanglich weit über die herkömmlichen Grenzen der elektronischen Musik hinaus. Die vier Musiker fahren ein beeindruckend breites Klangspektrum auf, das zu einem großen Teil akustisch ist. Die berühmten Glocken, quasi Webers Markenzeichen, kommen dabei natürlich wiederholt zum Einsatz, aber auch eine Vielzahl Instrumente, die er aus Steinen und Hölzern selbst zusammengebaut hat. Auch klassische Klangerzeuger finden sich auf "Conference Of Trees", gegen Ende nimmt etwa das Cello eine sehr prominente Rolle ein.

Diese verschiedenartigen Klangfarben sind in einen vorwiegend sehr flächigen Sound eingebettet, der aber immer wieder mit kurzen, eruptiven Impulsen durchsetzt wird. Nahtlos gehen die einzelnen Ideen ineinander über und ergeben ein zusammenhängendes, ineinander verwobenes Set, sodass man tatsächlich kurz zusammenzuckt, als vor "Pius In Tacet" der musikalische Fluss tatsächlich einmal für wenige Sekunden abbricht. Am Ende steht eine atmosphärische Reflexion über den Wald als Rückzugs- und Sehnsuchtsort, ein Aufruf zur Rückbesinnung auf die Natur. Und damit vielleicht auch ein Appell, sich diesen Raum zurückzuerobern.

Trackliste

  1. 1. Approach In A Breeze
  2. 2. Transparent Tickle Shining Glace
  3. 3. Holding The Oak
  4. 4. When We Walk
  5. 5. Roots Making Family
  6. 6. The Crown Territory
  7. 7. Supernova Space Time Drift
  8. 8. Silentium Larix
  9. 9. Pius In Tacet
  10. 10. Lichtung

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