laut.de-Kritik
Magische Rave-Momente festigen den Global Player-Status.
Review von Martin TenschertIn Paul Kalkbrenners Leben hat sich in letzter Zeit so einiges getan. Er heiratete seine Freundin Simina Grigoriu, tourte um die Welt, um seinen Global Player-Status zu festigen und hatte dennoch den Impuls, auch wieder im Studio an neuen Stücken zu arbeiten. Fans und Undergrounder wollen naturgemäß Unterschiedliches vom Stern am Technohimmel: Die einen erwarten melodiösen, trancigen Stadionsound, die anderen eher dunkle, technoidere Stücke, wie damals zu Bpitch Control Zeiten. Und zu guter letzt will man sich ja auch als Künstler weiterentwickeln, ohne auf der Stelle zu raven.
Mit "7", einem recht pragmatischen Titelbeweis für die Tatsache, dass es ich hierbei um des Künstlers siebtes Studioalbum handelt, wagt sich Paul an zwölf Stücke, die all diesen Anforderungen standhalten sollen. Ein Wermutstropfen, der gleich auffällt: Die typischen, lustigen und verspulten Tracktitel, die ein Trademark von Pauls Liedern waren, wurden wegrationalisiert. Wahrscheinlich zugunsten des internationalen Musikmarkts, auf dem Sony nun mal tätig ist, schade ist es trotzdem.
Uns soll aber der Inhalt wichtiger als die Form sein: "Battery Park" ist da schon ein ganz feistes Statement für die zwei Herzen, die in Kalkbrenners Brust schlagen. Dicke Kickdrum, die auf verspielte Synths und melancholische Chords trifft. Dennoch dreckig und distorted genug, um nicht zu süßlich kitschig zu klingen.
Die Vorabsingle "Cloud Rider" gerät da schon etwas piano-poppiger, hat aber dennoch die typische kalkbrennersche Grundstimmung inne. Soulige Durchhaltevocals passen hier erstaunlich gut zur Musikalität des Stücks. Das Klavier hat es dem Sparta Lichtenberg-Fan offenbar generell angetan, "Tone & Timber" haut auch ordentlich in die Tasten, die Produktion mutet hier aber etwas beliebiger, durchschnittlicher an.
"Feed Your Head" hat da schon mehr Chancen, die magischen Momente zu generieren, aufs Neue ein Feuerzeugmeer in der Crowd zu entzünden. Einerseits durch die elektrisierenden Vocals des Jefferson Airplane-Samples von "White Rabbit", die wie angegossen passen. Die Message des etwas seltsamen Squaredance/Schulabschlussball-Videos dazu lautet: Zu Kalkis Musik kann ein jeder tanzen, schon klar.
Naja, ein bisschen Größenwahn hat noch keinem geschadet, könnte Falco gesagt haben. Jedenfalls ist "Feed Your Head" eine astreine Hymne geworden, die trotz poppiger Attitüde den Vibe des Produzenten transportiert. Da fallen auch etwas belanglose Lückenfüller wie "Papiercut Pilot" nicht weiter ins Gewicht. Das Bessere ist eben der Feind des Guten.
"Brigth Roller" hätte mit seiner japanischen Spieluhrromantik auch gut auf einem Kompakt Sampler stattfinden können. Ein verzerrter Synthesizer entfesselt dann aber erst recht eine Ravebombe, die auf Festivals ordentlich Staub aufwirbeln dürfte.
"7" reiht sich konsequent in Paul Kalkbrenners Schaffen ein, setzt auf Bewährtes, überzeugt aber auch vielfach mit den magischen Rave-Momenten, die ihm den Weg in den Techno-Olymp geebnet haben.
11 Kommentare mit 5 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
man kann es so machen mit den titeln oder eben mehr wie aphex twin. irgendwie ziemlich schwach, paulemann, wenn der gedanke hier war sich mit englischen titeln international gefälliger zu machen. dicker daumen nach unten.
Wie die Titel heißen ist ja auch das Allerwichtigste. Stimmt.
Ich finde das Cover wichtiger. Und auch dafür gibts einen dicken Daumen nach unten.
Der Paule so richtig am abhotten!
Setzt mal wieder Maßstäbe im Genre des Elektronik-Fachmarkt-Hintergrundrauschens!
Bin eher ein Proggi, mir gefällt es.
Total verkackt. Bis auf "Feed your head" in meinen Augen nicht mehr als Musik für Aufzüge. Leider.
Leider haben die Autoren des Artikels wohl nicht bemerkt, dass Cloud Rider, Mothertrucker und Feed your Head eine Trilogie von Musikvideos zu den Tracks bilden, die zusammen ehr wohl Sinn ergeben und nicht nur seltsam anmutender Abschlussball squaredance ist