laut.de-Kritik

Trap und die bescheuerten Rappernamen, Teil 312.

Review von

Okay, vorweg: Pooh Shiesty. Das ist ein lustiger Name, und wir können das anerkennen, aber es führt kein Weg drumherum: Amis werden dieses Jahr inflationär das Wort "shiesty" verwenden und dieser Kerl aus Memphis ist der Grund. Seit seinem Signing bei 1017 Records schwingt sich der Dude auf, der wie die junge und hungrige Mischung aus Yo Gotti und Gucci Mane klingt, das nächste große Ding der Trapwelt zu sein.

"Shiesty Season" liefert den Blueprint: So wenig das Mixtape das Genre auch neu erfinden mag, nimmt es ähnlich wie Lil Babys "My Turn" den perfekten Punkt im Zeitgeist auf, um so ziemlich jeder regionalen Ausprägung zu gefallen. Nachdem der melodische Trap 2019 erstmals einen Punkt der Sättigung erreicht hat, steigt der Bedarf nach etwas direkteren und roheren MCs wieder, nur befeuert von der zunehmenden Prominenz der Drill-Szenen in Chicago und New York.

Und auch, wenn Pooh Shiesty musikalisch eher in der Vene seiner Stadtgenossen Moneybagg Yo, Blac Youngsta und Key Glock rappt, hat er ihnen doch ein Stück Charisma und Treffsicherheit voraus. Besonders die offensichtlichen Hits auf "Shiesty Season" schaffen einen beeindruckenden Spagat aus jugendlichem Feuer und hartgesottenem OG-Demeanor. Wenn er auf "No Chorus" oder "50 Shots" klassische Drill-Gangster-Parolen drischt, erzählt er zwar kaum Neues, aber er verkauft es. Attitüde und Gravitas tragen die altbekannten Narrative oft genauso sehr wie lyrisches Geschick.

Dazu kommt eine natürliche Intuition für die Atmosphäre der Beats. Es hat einen Grund, dass er das simple, aber intensive Piano-Riff auf "Back In Blood" noch ein Stückchen sauberer und eingängiger reitet als Feature-Gast Lil Durk, dessen virale Zeile "Pooh Shiesty that's my dog, but Pooh you know I'm really shiesty" den Banger inzwischen schon in die Top 20 befördert hat. Selbiges macht er mit den hypnotisch verzerrten Keys auf "Neighbors" oder dem viel zu effektiven Reggae-Flip auf "Guard Up".

Gegen die Hits würde auf schwächeren Trap-Releases nun das Deep Cut-Niemandsland einsetzen, dass einem Lil Durk auf "The Voice" schon den Hals gebrochen hat. Und auch, wenn "Shiesty Season" eine kleine Handvoll belangloser Nummern verzeichnet, hält sich vor allem das letzte Drittel der Platte erfrischend fokussiert. Besonders der Einsatz von konventionellen Sampling-Techniken gibt Cuts wie "Gone MIA", "See Red", "Master P" und "Box Of Churches" Identität. Was an Pop-Appeal nicht mehr im Zentrum steht, wird durch schwermütige Stimmpräsenz ausgeglichen.

Auch wenn es nicht die klangliche Innovation darstellt, die ein neuer Impuls gerne ins Trap-Game bringen dürfte, erklärt "Shiesty Season" doch, warum gerade dieser Pooh Shiesty der Newcomer der Wahl ist, der derzeit so hoch im Kurs steht. So ziemlich jeder Song auf seinem Debüt-Mixtape ist in der ein oder anderen Form ein Treffer, die Balance aus grimmigen Trap-Bangern und Sample-getragener Straßen-Melancholie gelingt ihm beeindruckend. Und wenn ein Typ auf seinem ersten Projekt neben Gucci Mane, 21 Savage und Lil Durk rappt und dabei die bessere Figur macht, muss etwas am Hype dran sein. Fragt sich nur, ab wann man über den Namen nicht mehr kichern muss.

Trackliste

  1. 1. Shiesty Season Intro
  2. 2. Back In Blood (feat. Lil Durk)
  3. 3. Guard Up
  4. 4. Ugly (feat. Gucci Mane)
  5. 5. Neighbors (feat. BIG 30)
  6. 6. 50 Shots
  7. 7. No Chorus
  8. 8. Box Of Churches (feat. 21 Savage)
  9. 9. Making A Mess (feat. Big 30 & Veeze)
  10. 10. Choppa Way
  11. 11. Take A Life (feat. Foogiano)
  12. 12. Gone MIA
  13. 13. Big 13 Gang (feat. Lil Hank & Choppa Wop)
  14. 14. Drop Some Shit
  15. 15. See Red
  16. 16. Master P (feat. Master P)
  17. 17. Twerksum

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Pooh Shiesty

Manchmal geht es einfach irre schnell: Pooh Shiesty fängt 2018 mit dem Rappen an und ist zwei Jahre später an der Spitze des Geschäfts. Und auch in …

3 Kommentare