laut.de-Kritik
Don Caramelo und El Criminal wissen, wie man eine Reggae-Party feiert.
Review von Simon LangemannAuch in Sachen Musik bestimmt zuweilen die Nachfrage das Angebot. Die Zeiten, in denen sich hierzulande eine breite Hörerschaft für jamaikanische Volksmusik interessierte, waren schon besser. Folgerichtig büßte die hiesige Reggae-Landschaft in den letzten Jahren deutlich an Output und Umtriebigkeit ein. Da stehen Namen wie Raggabund durchaus für Konstanz - zumindest was die unermüdlichen Livegigs angeht.
Denn in Sachen Studio-Output ging auch bei den Münchnern wenig: Seit dem Debüt "Erste Welt" herrschten knapp sechs Jahre Funkstille. Nun treten die Brüder Don Caramelo und Paco Mendoza aka El Criminal mit "Mehr Sound" an, um endlich wieder etwas frischen Wind in die müde Szene zu bringen. Und sie haben ihr Handwerk nicht verlernt.
Zur tatkräftigen Unterstützung sicherte man sich prominente Featuregäste, die sich allesamt als Glücksgriffe herausstellen: Cajus und Roger von Blumentopf fügen sich in das smoothe "Ohne Kompass" perfekt ein, DJ Vadim schusterte für "Nacht" das wohl interessanteste Instrumental des Albums. Silbenwunder Mal Élevé von Irie Révoltés, Nosliw, Dr. Ring Ding und andere steuerten ihre Kontrastparts zum Megamix-artigen Titeltrack bei.
Mit einer musikalischen Openmindedness, die an die Münchner Kollegen von Jamaram erinnert, wechseln Raggabund immer wieder ihr stilistisches Gewand. Das Fundament bieten dabei häufig satt und klar produzierte Beats zwischen Dancehall und Hip-Hop, begleitet von mächtigen Blechbläsersätzen.
Einen Ruhe- und zugleich Höhepunkt der Platte markiert El Criminals wunderbar melancholische Nummer "Bleib Nicht Stehn", die mit entspannender Akustikgitarre und balladeskem Tempo an Mellow Marks "Butterfly" erinnert. Dagegen atmet "Oye" mit durchweg spanischen Lyrics und Latin-typischem Background-Chor eine angenehme Portion kubanisches Flair.
Demgegenüber steht leider eine ganze Handvoll plumper Songs über Party und Alkoholexzesse ("Nie Mehr Wieder"), Frauen ("Mama Sexy") und Lebensfreude ("Beautiful Day"). Musikalisch gibts an diesen stimmigen, tanzbaren Dancehall-Tunes wenig auszusetzen - mit Szenegrößen wie Ohrbooten und Mono & Nikitaman hält man locker mit. Inhaltlich fehlt es hier aber leider an Spannung und einer relevanten Message. Zu oft verliert sich das Brüderpaar in seinen Phrasen.
Keine Frage, Don Caramelo und El Criminal wissen, wie man eine euphorische Reggae-Party feiert. Ihr zweites Album "Mehr Sound" liefert jede Menge fett produziertes Material für das gut gelaunte Livepublikum. Bedauerlicherweise fehlt hier und da der letzte Funken Innovation, mit dem sich die Platte auch für den langfristigen Hörgenuss geeignet hätte.
3 Kommentare
Gute Jungs!
Gutes Review
schön zu hören dass es die noch gibt, aber länger als 15 minuten kann ich die irgendwie nicht aushalten, vielleicht liegt es an diesem gekünstelten akzent