laut.de-Kritik
Der Rocker will nur kuscheln.
Review von Kai ButterweckRea Garvey ist ein netter Kerl, keine Frage. Immer ein bisschen grimmiger als alle anderen dreinblickend, verkörpert der Wahl-Berliner mit irischen Wurzeln das perfekte Bild von einem raubeinigen Folk-Hipster, dessen Herz im Takt von handgemachtem Rock'n'Roll pumpt.
Rea Garvey ist aber auch ein Meister der Täuschung, ein Entertainer mit vermeintlich harter Kante, der eigentlich – zumindest musikalisch - nur kuscheln will. Wer den Weg des ehemaligen Reamonn-Frontmanns in den letzten Jahren verfolgt hat, der weiß, dass man auf der Suche nach Reas letztem Rocksong schon arg tief im Archiv buddeln muss.
Zwei Jahre nach seinem letzten Studioausflug ins Formatradio-Wonderland ("Neon") schaltet Rea Garvey nun sogar noch einen Pop-Gang höher. "I don't wanna make it complicated", singt der bärtige Sänger, während sich im Hintergrund Soundelemente zusammenfinden, die keinem wehtun. Ja, kompliziert wird's wirklich nicht. Watteweiche Beats aus der Maschine vermählen sich mit luftigen Synthies. Der Opener "Talk To Your Body" ist poppiger Füllstoff ohne Mehrwert.
Drei Minuten später erklingt eine weibliche Stimme in der Ferne: "Dadidadidei", schallt es durch die Boxen. Und es wird noch schlimmer: Auf den Soundpfaden von Mark Forster und Co. wandelnd stapelt sich eine gut gemeinte Bridge in Richtung Gipfel. Kurz vor dem Einstieg in den Refrain scheint den Hauptprotagonisten aber irgendetwas abzulenken. Statt eines mitreißenden Höhepunkts, pufft uns der gute Rea lediglich ein maues "Hey Hey Hey" in die Ohren.
Natürlich gibt es auch tolle Popmusik auf dieser Welt. Rea Garvey jedoch steht ziemlich weit hinten in der Schlange, wenn es um atmosphärische und stimmungsgeladene Klänge für die Massen geht. Ein bisschen Disco-Flair ("Just A Minute", "Caramel") und der peinliche Versuch, The Clash mit Wincent Weiss zu kreuzen, reichen hinten und vorne nicht aus ("The One").
"Never Get Enough Of Your Love" klingt wie eine müde Single-B-Side aus der Feder von Sasha. Da helfen auch die Zuarbeiten der Berliner Sängerin Nessi und des australischen Rappers Illy nicht weiter.
Rea Garvey versucht wirklich alles. Er singt, er rappt, er kommt sogar mit ganz viel "Lalalala" um die Ecke ("Be The Best I Can Be"). So richtig folgen auf seinem Weg ins musikalische Paradies der Austauschbarkeit will man ihm aber nicht.
Selbst wenn der Sänger die ganz großen Gefühle auspackt, zuckt man daheim vor den Boxen nur unberührt mit den Schultern ("Men Don't Cry“). Mit der eingängigen Mitsingnummer "Pretty" und der Hilfeschrei-Hymne "Rescue Me" zeigt Rea Garvey, dass es durchaus was hätte werden können mit dem Angriff auf den Pop-Thron. Wenn am Ende aber ein Dutzend Songs mit im Boot sitzen, die mit gelangweilter Attitüde und dem Energielevel einer halbstündigen Fahrstuhlfahrt dagegenhalten, dann verpufft so ein Angriff auch schon mal wie ein nasser Silvesterböller.
8 Kommentare mit 5 Antworten
Ob seine Fans das dann entsprechend für Rockmusik halten?
Schon schade, irgendwie. Sympathischer Typ eigentlich.
Nein
Butterweck, ich fasse zusammen: Rea sieht aus wie ein Rocker, also muss er Rockmusik machen. Er macht aber Popmusik - also ist es Scheiße!
Der Argumentationsaufbau ist so gnadenlos unkompliziert, da könnte "I don't wanna make it complicated" auch vom Rezensent selbst geschrieben sein.
Wenn dem Butterweck das Aussehen des Künstlers so viel bedeutet, dann vielleicht die künftigen Platten als Blind Auditions anhören, wie das Rea bei The Voice macht.
Oder besser gleich: Ungehört !/5. Das bedarf wenigsten keiner dümmlichen Argumentation.
Der sieht ja nicht mal aus wie‘n Rocker, sondern eher nach nem mittelalten Tobias, der für den EMP-Katalog in „rockige“ Kleidung gesteckt wurde.
Hab den vor Ionen mit Reamonn auf einer Crossing All Over Tour gesehen. Da waren sie live noch auszuhalten, aber schon nix Dolles. Nach Supergirl kam dann die ewig gleiche Formel und medial spielt er sehr überzeugend die "Rolle" des selbstgefälligen, eigentlich inkompetenten Geldsacks mit vorgegaukelten Emotionen für die Formatklientel. Mir ein Rätsel, warum jmnd das kauft.
Vor Ionen, soso...
Aua, Hirnfurz... Danke für den Hinweis
Belanglos-nerviges Radiogedudel. Nicht mehr und nicht weniger.
Das hat mit Rock soviel zu tun, wie die Amigos mit Grindcore.
Ich bin dafür, dass auf laut grundsätzlich kein Retorten/Casting Dreck besprochen wird, sondern eisern ignoriert. Das würde den Anspruch hier deutlich anheben und würde ein Zeichen setzen. Frommer Wunsch aber vielleicht sollten alle, die derart Output eh hassen und niedermachen (so wie ich), nicht mehr die Artikel anklicken. Sicher, man verpasst auch den ein oder andern Gag.
Betrifft natürlich auch 95% der Deutschrapper