laut.de-Kritik
Verspielte Pop-Kirmes des Alleskönners.
Review von Martin LeuteMit "Dressed Up For The Letdown" hat der exzentrische Künstler und Multiinstrumentalist sich der schwarzhumoriger Theatralik zwischen Cabaret und Pop gewidmet, ehe er 2008 mit der Doppel-EP "Richard Swift As Onasis I & II" mit Garagenrock überraschte. "The Atlantic Ocean" erforscht nun erneut die Spielarten des Pop.
Da treffen Anleihen von Glamrock, Rhythm and Blues, Beach Boys-Stimmungen und Theatralik aufeinander, ohne dass Swift sich von einem Genre vereinnahmen lassen würde. "Prince sitting in on John Lennon's Plastic Ono sessions", umschreibt er selbst sein verspieltes Werk.
Im Zentrum der Arrangements steht diesmal das hier gehämmerte, dort federnde Klavier, das die zumeist gutlaunigen, mit variablem Gesang intonierten Melodien trägt, vielschichtig ausgemalt von orchestralem wie Rock-Instrumentarium, trashigen Keyboard-Einlagen und flauschigen Backgroundgesängen.
Das Piano-Stakkato im titelgebenden Opener unterlegt er mit dynamischem Beat und schräger Synthielinie, ehe er mit vibrierendem Gesang die ohrgängige Melodie anstimmt. "I' m part of the scene", insistiert er hier, "I've got the right LP's / I got the Lou Reed and all the Blondie you'll ever need".
"The Original Thought" mündet in gutlaunigen Varieté-Pop, das großartige "Ballad Of Old What's His Name" bringt das Piano-Blues-Schema mit zarten Backgroundgesängen, weichen Bläser-Arrangements und der E-Gitarre in Einklang. Dazu kann man jederzeit sacht die Hüften schwingen.
Die Selbstverständlichkeit, mit der Swift seinen üppig instrumentierten Eklektizismus betreibt und zu einem Höchstmaß an Harmonie führt, ist bemerkenswert: "R.I.P." entfaltet sich zurückhaltender zum Klavier, Hörnern und dramatisch tönendem zweistimmigem Gesang, "The First Time" intoniert er zur akustischen Rhythmusgitarre und elektronischem Beat, um sich mit härteren Riffs schließlich dem 70s-Rock zuzuwenden.
Hier ist ein postmoderner Arrangeur am Werk, dem liebliches Posaunenspiel und rhythmische Handclaps ("The First Time") ebenso wenig fremd sind wie Honky Tonk-Arrangements ("A Song For Milton Feher") oder Ausflüge in den Motown-Soul ("Lady Luck"). Richard Swift feiert eine lustvolle, kunstfertige Pop-Kirmes, auf der in den unterschiedlichsten Stil-Kisten gewühlt wird. Ein gewitzter Entertainer, der die Kunst der facettenreichen Unterhaltung augenzwinkernd beherrscht.
1 Kommentar
Ja tolles Album. Eine Perle, die immer neue Facetten dazu gewinnt. Lies auch meinen Artikel http://www.jahrgangsgeraeusche.de/?p=306