laut.de-Kritik

Die polnischen Progger trotzen dem Schicksal.

Review von

Riverside sortiert der Musikalienhändler gerne in der Sparte Metal ein. Dabei schlägt allein schon bei einem Blick auf die letzten drei Veröffentlichungen jegliche Kategorisierung fehl. "Anno Domini High Definition" strotzte nur so vor Power und harten Riffs, "Shrine Of New Generation Slaves" hingegen orientierte sich stark am Prog der Siebziger, wohingegen "Love, Fear And The Time Machine" stark in Richtung Wohlfühlprog tendierte.

Diese lebensbejahende Einstellung, die im abschließenden Track "Found" in der schlichten Feststellung "It's A Lovely Life" gipfelte, erhielt einen empfindlichen Dämpfer, als im Februar 2016 überraschend Gitarrist Piotr Grudzinski verstarb. Riverside standen vor der Auflösung. Duda und Co. sagten sämtliche Konzerte ab und verhängten eisernes Schweigen über die Zukunft der Band. Nun steht fest, dass sie als Trio weitermachen.

Planwirtschaft sei Dank, gibt es auch weitere Lebenszeichen der Polen in Form des 5.1.-Releases der letzten Platte und des hiesigen Machwerkes "Eye Of The Soundscape". Zum Entstehungsprozess der Platte gibt das laut.de-Interview mit Mariusz Duda ausführlich Auskunft. Alle Fans der herkömmlichen Riverside-Veröffentlichungen seien dennoch gewarnt. Die Tracks sind nicht nur komplett instrumental gehalten, sondern sehr Ambient-lastig und von einem minimalistischen Songwriting geprägt. Synthetische Klänge, Soundspielereien und die Organik des Bandgefüges halten sich in etwa die Waage. Die Themen stecken nicht in den Genre-Zwängen eines 'Höher, schneller, weiter', sondern bekommen Raum zum Atmen.

Die meisten Tracks veröffentlichte die Band bereits auf vorherigen Bonus-CDs. Den treuesten Fans, die alles besitzen, spendieren Riverside vier Neukompositionen. Was diese Platte besonders macht, ist das Vermächtnis von Grudzien, wie ihn seine engsten Freunde genannt haben. Dessen gefühlvolles und melodisches Spiel wird der Szene fehlen. Gerade im Kontext der langsam sich entwickelnden und stetig dahinfließenden Ambient-Tracks kommt es nochmal vollends zur Geltung und rührt die eine oder andere Träne hervor.

Und doch ist die Platte ein Hoffnungsschimmer, wie es schon ein Blick auf das famose Artwork verrät. Die hundert Minuten laden zum Relaxen ein und bieten gerade in ihrer kontemplativen Anlage einen Gegenpol zu den hektischen, modernen Tagesabläufen. Wer mit Devin Townsends "Ghost" keine Berührungsängste hatte, Mike Oldfield goutiert oder aktuell die neue Pineapple Thief abfeiert, kann hier ruhig ein Ohr riskieren.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Where The River Flows
  2. 2. Shine
  3. 3. Rapid Eye Movement (2016 Mix)
  4. 4. Night Session - Part One
  5. 5. Night Session - Part Two

CD 2

  1. 1. Sleepwalkers
  2. 2. Rainbow Trip (2016 Mix)
  3. 3. Heavenland
  4. 4. Return
  5. 5. Aether
  6. 6. Machines
  7. 7. Promise
  8. 8. Eye Of The Soundscape

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