laut.de-Kritik
Literaturgeschwängerter Techno.
Review von Daniel StraubOb Robosonic bei der Wahl ihres Coverdesigns alles richtig gemacht haben? Sicherlich ein Punkt, über den man geteilter Meinung sein kann. Die einen werden bei der knallgelben Reclam-Adaption an öde Deutsch-Stunden in der Schule denken, in denen Nebensatzanhäufungen aus der Feder von Kleist oder Fontane eingehend seziert wurden. Die anderen sind ihren Lehrern vielleicht dankbar, dass sie so mit Klassikern wie "Faust" oder "Der Steppenwolf" in Berührung kamen.
Wie dem auch sei, ganz gleichgültig wird Robosonics Debütalbum "Sturm und Drang" wohl niemand aufnehmen. Zumindest ein Schmunzeln ringt einem die CD schnell ab. Nicht nur, was das Coverdesign angeht, setzen der Belgier Sacha Robotti und Cord Henning Labuhn auf Bekanntes.
"Die Verwandlung", "1984" und "Die Blechtrommel" sind einige Namen der insgesamt zwölf Tracks. Wer es im Deutsch-Leistungskurs über die zehn Punkte-Marke geschafft hat, der wird sicherlich ohne Probleme die Titel den entsprechenden Autoren zuordnen können.
Ich will mich jetzt nicht weiter von der Hülle beeindrucken lassen, schließlich gibt es im Booklet zu "Sturm und Drang" auch allerlei zu lesen. Das Wichtigste ist und bleibt jedoch der Sound. Der lässt sich als humoristische Spielart von Techno charakterisieren. "Yasmin" ist ein gutes Beispiel dafür. Oldschoolige Lofi-Sounds treffen hier auf 80er Jahre Disco-Happiness. Da ist zwar nicht neu, macht bei Robosonic aber trotzdem Spaß.
Oliver Koletzki hat den Track übrigens in einem Remix eine Spur mehr auf Club getrimmt. Mit dem britischen Talent Jesse Rose und Österreichs Techno-Legende Christopher Just gewannen Robosonic zwei weitere prominente Remixer für ihren literarischen Techno-Talk. Der gibt sich über die volle Spielzeit erstaunlich wenig kopflastig. Das schwingende Tanzbein ist bei Robosonic eher der Idealzustand, als der in sich versunkene Denker.
Dicke Basslines wie bei "Kaputt in Hollywood" prägen das Bild. Einer eingehenden Interpretation bedürfen sie nicht. Wer will, kann freilich die zahlreich eingestreuten Soundschnipsel auf dekonstruktivistische Medientheorien zurückführen. Ein weites Feld, das aber andere schon längst bestellt haben. Und Techno ohne Dekonstruktion weit weniger Charme hätte.
Das wissen auch Robosonic. Deshalb haben sie das ganze Konzept mit "Sturm und Drang" ironisch überhöht und so ein kurzweiliges Album auf den Weg gebracht.
6 Kommentare
"1984" und Deutschkurs?
Ja, is ja gut, ich mach den Klugscheißer-Modus wieder aus. *ausmach*
hast ja recht. war wohl eher das wahlfach literatur.
Was ist denn bitte "unertrich"?
... fragt der Deutsch-1er-Schüler.
Außer "Kabale und Liebe" hat da ja sowieso nichts wirklich mit dem Sturm und Drang zu tun...
Außer "Kabale und Liebe" hat da ja sowieso nichts wirklich mit dem Sturm und Drang zu tun...
@tillbo (« Außer "Kabale und Liebe" hat da ja sowieso nichts wirklich mit dem Sturm und Drang zu tun... »):
nö, da gehts wohl eher um ein lebensgefühl..
der robotti is übrigens kein belgier sondern italiener