laut.de-Kritik
Der Großmeister greift tief in die Trickkiste.
Review von Philipp GässleinRoey Marquis, deutscher Produzentengott. Der Mann, der vielen Rapfans nur vom Namen her ein Begriff ist, begibt sich in schöner Regelmäßigkeit mit Desue, Tomekk, Melbeatz und dem Plattenpapzt in die Battle um die illusterste Gästeliste. Auch dieses Mal erklärt sich wieder die gesamte Crème de là Crème des Deutschrap bereit, ihre Stimmen auf die Beats von Calogero Randazzo zu legen. Hierbei fungieren die Reime allerdings eher als Untermalung - die musikalischen Ergüsse des Großmeisters, zusammengesetzt aus Stilelementen unterschiedlichster Genres, erhalten fraglos das Prädikat "künstlerisch wertvoll".
Während Profan auf einer mystischen Mixtur aus Klavier- und Violinensamples rappt, bastelt er für ABS-ler Fringsoe, DCS-ler Schivv und den Kölner Pitza einen sehr smoothen, beinahe schon R'n'B-lastigen Beat zusammen. Bei "On Point" schwächelt er kurzzeitig, aber Firma-Mitglied Tatwaffe macht selbst aus diesem langweiligen Loop noch das beste. Für Olli Banjo packt er die asiatischen Instrumentals aus, was, besonders bei der gesungenen Hookline, in einer multiinstrumentalen Explosion endet. Damit beschert er dem Aschaffenburger den besten Track seit langem.
Richtig tief in die Trickkiste greift er allerdings bei seinen reinen Instrumentaltracks "Wüstensand" und "Der Beduine". Hier kommt alles zum Vorschein, was die Ethno-Kiste so hergibt. Seien es Panflöten, Bongos, Balalaikas, Mariachi-Gitarre und und und. Mit Hip Hop hat das nicht viel zu tun, dennoch weiß es durchaus zu gefallen und tut der Kurzweile des Albums keinen Abbruch.
Doch nicht nur auf die großen Namen wie Jonesmann, Ercandize, Italo Reno und Curse oder Tefla und Jaleel wurden hervorragende Beats zugeschneidert, es sind vielmehr gerade die eher unbekannten Artists, die sich auf der Compilation profilieren. Stress und Trauma zeigen sich bei "Augen" sehr tiefgründig, Franksta flowt äußerst tight auf ein Cembalosample. Den besten Beat bekommen aber zweifellos die Newcomer Gerard MC und der junge Friedrichshafener Morph ab. Apokalyptische Gesänge, Basstöne des Pianos, es fehlen nur noch die Paukenschläge, um das Weltuntergangsszenario perfekt vor Augen bzw. Ohren gehalten zu bekommen.
Insgesamt präsentiert Roey Marquis II eine homogene Mischung aus talentierten Neulingen und alten Größen, wenn es auch schwer fällt, zu erkennen, ob die einzelnen MCs wirklich so gut sind, wie sie jeweils erscheinen, oder ob die immer besser werdenden Beats die vorhandenen Schwächen schlicht kaschieren. Wie auch immer, so richtig fällt kein Track aus dem Rahmen, wenn man auch Pal One ernsthaft bitten sollte, das Singen zu unterlassen. Dafür bringen Jonesmann und Abstrakkt gleich im Anschluss mit "Menschenverstand" einen Burnertrack, der das Gehirn textlich so sehr beansprucht, dass man nach dem ersten Durchhören nicht einmal weiß, was genau man davon nun halten soll.
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