laut.de-Kritik
Grundsolide Klänge zwischen Tanzbarkeit und Entspannung.
Review von Toni HennigChristopher von Deylen landete mit dem Projekt Schiller, das ursprünglich mal ein Duo war, und unter eigenem Namen im Laufe seiner 25-jährigen Karriere neunmal auf der Pole Position der deutschen Albumcharts und blickt auf zahlreiche Gold- und Platinauszeichnungen zurück. Zum Jubiläum erscheint nun mit "Illuminate" ein regelrechtes Mammutwerk, das 28 brandneue Tracks auf zwei CDs enthält und mit einer Vielzahl an Gästen entstand.
"Willkommen in der neuen Welt von Schiller", begrüßt uns zunächst eine verzerrte Frauenstimme zu Dschungelklängen. Danach lässt es der Wahlberliner in "Empire Of Light" mit leichtfüßigen Gitarrentönen, farbenprächtiger, tanzbarer Elektronik und einem luftigen Gesangssample erstmal ganz entspannt angehen. Für das dazugehörige Video holte er sich Unterstützung von einem ukrainischen Künstlerkollektiv. Dass er den ebenso entspannten wie tanzbaren Kurs auch im Verlaufe der gut zweieinhalb Stunden größtenteils beibehält, macht er anschließend im Titelstück, dem die beiden Sängerinnen Ro Nova und Tricia McTeague ihre Stimmen leihen, unmissverständlich klar. McTeague hört man auch in vier weiteren Tracks auf dem Album.
Den multikulturellen Charakter des Projekts unterstreicht der 52-jährige in Stücken wie "Exotica" oder "Love And Tears". Die letztgenannte Nummer lebt von traditionellen persischen Klängen und den schönen Vocals Yalda Abbasis, die auch schon auf "Morgenstund" dabei war. "Arc Céleste" und "Der Himmel Über Der Wüste" stellen eher pianolastige Stücke dar, wie man sie größtenteils auf von Deylens Album "Colors" fand, das er unter eigenem Namen veröffentlichte. Nur fällt der Grundton diesmal deutlich melancholischer aus, wie vor allem "Arc Céleste" beweist, das traurige Cello- und verträumt kunstvolle Klaviersounds Cédric Monniers durchziehen.
Synthwave-lastigen Tönen, wie es sie in einzelnen Tracks ebenso auf "Colors" gab, begegnet man in "Space", das mit den eingängigen Vocals Tricia McTeagues eine gute Pop-Nummer abgibt. Für das gut 20-minütige "Midsommar", das die erste CD beschließt, hat sich der Wahlberliner wieder einmal mit Thorsten Quaeschning von Tangerine Dream zusammengetan. Der sorgt zwar für ein paar sphärische Momente, aber insgesamt überwiegt der tanzbare Schiller-Sound, wodurch einige interessante Spannungsbögen entstehen. Jedenfalls klingt die erste CD wie ein Querschnitt aus den verschiedenen Einflüssen von Deylens: Grundsolide, aber kaum innovativ.
Daran ändert sich auch auf der zweiten CD nicht sonderlich viel. Die hat zwar vereinzelt ein paar Belanglosigkeiten zu bieten, wie beim eher banal gestrickten Dance-Track "Lykke", an dem auch Typewriter beteiligt ist. Insgesamt lässt sich "Illuminate" jedoch entspannt am Stück durchhören. An wenigen Stellen schlägt der Musiker, Musikproduzent und Komponist auch mal etwas kühlere Töne an. So erinnert "Die Schwarze Orchidee" mit kargen Post-Punk-Klängen und ätherischen, geisterhaften Gesangssamples an die dunkle Ästhetik aktueller Trentemøller-Tracks, und "Oceans Away" bewegt sich mit pulsierenden Beats und flächiger Elektronik zwischen kraftwerkschem Minimalismus und ambienter Weitläufigkeit.
Letzten Endes darf man auf die Live-Präsentation der einzelnen Songs gespannt sein, wenn von Deylen mit Schiller ab Mai durch Deutschland und die Schweiz tourt. Einen Vorgeschmack bekommt man auf der Live-BluRay, die der Super und Premium Deluxe-Edition des Albums beiliegt und im Dolby Atmos Sorround Sound daherkommt.
4 Kommentare mit einer Antwort
Elektronische Musik für Menschen die keine elektronische Musik mögen.
Schiller halt, wo sich immer mehr fragen "ist das Kunst oder kann das weg".
Fand das Album sehr enttäuschend! Vieles klingt eher wie undefinierbares gebastel, einige Tracks klingen direkt merkwürdig wie aus einer längst vergangenen Zeit (" Die schwarze Orchidee"). Dann noch 20 min Improvisation oder wie soll man das Gewurstel mit Thorsten Quaeschning bezeichnen?
Langweilig, undefiniert, musikalisch irgendwo zwischen Anfänger und Amateur.
Die Hardcore Schiller Fans werden es sicherlich in den Himmel loben als Meisterwerk aber sie würden es selbst als Meisterwerk feiern wenn von Deylen mit einem Löffel auf einer Mülltonne klopft.
He has evolved, and so has his music. I hear that phrase over and over again. But it's just not true. It's just dull, boring synthesizer sounds with Splice's samples without any cohesion. I'm really disappointed, and I say that with great sadness: I'm sorry, Mr. von Deylen, but I think you've lost your magic signature.
لماذا تكتب بالإنجليزية في مدونة موسيقية ألمانية؟
@ntrlydbstp: Der Satz ging noch geiler - ein echter laut.de-Deepcut: "Musik für Menschen, die Angst vor der Stille haben, denen Musik aber zu anstrengend ist." (Sven Kabelitz 2021 über "Summer In Berlin")