laut.de-Kritik
Einmalig hinreißende Nu-Jazz, Drum'n'Bass, Trip Hop und House-Tunes.
Review von Gerd HauswirthDer Eigendarstellung des Landes Baden-Württemberg zufolge soll das konservative Ländle ja deutschlandweit die meisten Patente hervorbringen. Musiktechnisch scheint sich die Gegend auf jeden Fall aus der Peripherie zurückzuziehen und in die moderne, urbane Welt aufzubrechen - zumindest beginnt die hiesige Musikkultur innovativ, ausgeprägt und vielseitig zu werden.
Schnute, eine fünfköpfige Combo aus Stuttgart, bietet hierfür ein schönes Beispiel. Das Projekt ist ursprünglich aus einer Live-Formation entstanden und hatte bereits Auftritte mit Jazzanova, dem Beanfield-DJ Michael Reinboth und vielen anderen. Der Kontrabassist der Gruppe, Michael Deak, spielte außerdem mit Musikern von Front 242 und gehört damit zu den Vorreitern des Drum'n'Bass. Axel Hanfreich, Live-Elektroniker und Kopf von Schnute, sammelte aber auch andere Virtuosen der Musikhochschule Stuttgart um sich und brach mit seinen Weggefährten auf, um einmalig hinreißenden Nu-Jazz, Drum'n'Bass, Trip Hop, Acid-Jazz und House zu finden.
Wer jetzt glaubt, die ultimative Dance-Party-Platte gefunden zu haben, täuscht sich allerdings, denn die Musik ist eher im Down-Beat bzw. Chill-Out Bereich angesiedelt. Dennoch besticht Schnutes erfrischende Verspieltheit, hervorgerufen durch Vocal-Samples aus Hörspielen, vor allem aber wegen der live eingespielten Musik. Somit ist ein gewisses "Knarzen" zwar vorhanden, doch die Platte gewinnt damit an Atmosphäre, außerdem wird die Musik so etwas "kantiger" und unterscheidet sich vom computergenerierten Plastikelektro, der mit seinen gleichbleibenden Loops im Gegensatz zu Schnutes Beats fast schon langweilig wirkt.
Das Debütalbum "Foulcrey" ist somit eine elektronisch inspirierte Reise, auf der Xylophone und Trombone, Wortfetzen und Gelächter vorbei rauschen und sich in die Klanglandschaft auf phantastische Weise einfügen. Ungezwungen und lässig zeigen die Jungs wie beim angeblich ausgelutschten Nu-Jazz bisher verborgene Türen aufgestoßen werden können und dass sogar im konservativen Ländle jemand bereit ist, neue Wege zu gehen.
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