laut.de-Kritik
Zurück zur Lo-Fi-Quelle.
Review von Kai ButterweckMitte der Neunziger gehörte das von Dinosaur Jr.-Bassist Lou Barlow ins Leben gerufene Nebenprojekt Sebadoh zu den Speerspitzen des Indie-Lo-Fi-Rocks. Kurz vor dem Jahrtausendwechsel kapitulierten die Protagonisten jedoch vor dem flächendeckenden Aufmarsch digitaler Störfrequenzen, der sich wie ein globaler Heuschreckenschwarm über das Business hermachte.
Über ein Jahrzehnt lang betraten die drei Holper-Ikonen Lou Barlow, Jason Loewenstein und Bob D'Amico kein Studio mehr zusammen. Im letzten Jahr war es dann endlich wieder so weit. Das Ergebnis heißt "Defend Yourself" – ein Album, auf dem die Verantwortlichen genau da ansetzen, wo vor knapp zwanzig Jahren alles seinen Ursprung fand.
Abseits von überproduziertem Firlefanz, der mittlerweile selbst bei genreverwandten Neuzeit-Kollegen zum Alltag gehört, stolpern Sebadoh auf ihrem neuen Album von einem archaischen Lo-Fi-Abenteuer ins nächste. Unbekümmert und scheinbar völlig isoliert von gegenwärtigen Szene-Hypes und Trends, reiht das Trio knarzige Hau-Drauf-Strukturen aneinander und füttert diese mit langlebigen Melodien, die sich auch noch Stunden danach nicht aus den Gehörgängen vertreiben lassen ("I Will", "Love You Here", "Separate").
Nicht viele Bands jonglieren derart charmant und pointiert mit Gegensätzen, ohne dass das dabei entstehende Harmonie-Chaos wie ein fragiles Gebilde in sich zusammenstürzt.
Sebadoh präsentieren sich abermals als Experten, wenn es um kontrollierten Krach geht. Dabei schreckt der Dreier auch nicht vor Ausflügen in Dekaden zurück, in denen die Jugend noch mit Tolle und kreisendem Hüftschwung durch die Straßen Amerikas galoppierte ("Oxygen", "State Of Mine").
Mit knatternden Beats, scheppernden Becken und intensivem Gitarren-Geschrubbe renovieren Sebadoh eifrig ihr eigenes Denkmal. Da dürfen natürlich weder der eine oder andere Grunge-Kniefall ("Defend Yr Self"), noch die obligatorischen Verschnaufpausen fehlen ("Can't Depend", "Let It Out", "Listen").
Alles drin. Alles dran. Alles gut. Wer wissen will, warum sich auch heute noch hunderte I-Love-Lo-Fi-Buttons an den Türen unzähliger Hinterhof-Proberäume rund um den Globus verteilen, der kommt an diesem Album nicht vorbei. Bleibt nur zu hoffen, dass für das nächste Sebadoh-Schaffen nicht weitere vierzehn Jahre ins Land ziehen müssen.
2 Kommentare
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Ne Rezension von der neuen Sebadoh auf laut? Manchmal passieren Wunder. Sie können es definitiv noch - auch wenn das Album nicht an frühere Grosstaten herankommt. Wer das hier liest, sollte sich mal "Bakesale" anhören!