laut.de-Kritik

Die besseren Nickelback.

Review von

Unterhalten sich Seether in Studio: "Puh, wie verklickern wir den Fans die glatt polierten und standardmäßigen Radio-Songs auf dem neuen Album?" - "Ach lass uns einfach irgendwas von wegen dynamische musikalische Entwicklung und so einen Kram sagen."

Man hat es ja fast schon ahnen können, dass es irgendwann soweit ist. Seether hatten immer schon einen großen Hang zum Mainstream-Rock wie Nickelback und 3 Doors Down. Das machten sie aber auf den Platten immer mit Shaun Morgans kratziger Grunge-Stimme und brachialem Gitarren-Sound wett.

Gut, die Jungs verstehen ihr Handwerk und haben mit Brendan O'Brien einen hervorragenden Produzenten gefunden. "Holding Onto Strings Better Left To Fray" hat also durchaus auch harte und knallige Momente. Der Sound tönt überwiegend fett und wuchtig aus den Boxen. Shaun Morgans starkes Organ zählt immer noch zu den kräftigsten im Genre. Seether sind halt in jeder Hinsicht die besseren Nickelback.

Problem allerdings: Morgan wollte unbedingt richtig singen, weswegen viel vom grungigen Dreck der Vorgänger-Platten verloren geht. Dabei sind Seether gerade dann gut, wenn sie die Zügel los und sich selbst gehen lassen. "Desire For Need" zum Beispiel. Das rockt sehr brachial und derbe in bester Disturbed-Manier nach vorne. Morgan krächzt, knarrt und schreit.

Der "Country Song" wird mit seinen staubig Banjo-Vers seinem Namen fast gerecht. Im Refrain geht's zwar wieder straight rockend zur Sache, aber dennoch: einer der besten Songs auf der Platte. Dazu zählt auch "Roses". Bedrohlich und düster wirkt es, wie sich Morgan über dem dichten Drum- und Bass-Teppich jammert und schreit. Der eingängige Chorus wird von einem tierisch groovenden Stoner-Break abgelöst.

Insgesamt aber treibt "Holding Onto Strings Better Left To Fray" den Radio-Rock zu sehr auf die Spitze. Tut niemandem weh, plätschert größtenteils vor sich hin und bietet wenig Besonderes.

"Here And Now", "Tonight" oder "Master Of Disaster" warten gerade mal mit guten Melodien auf. Der Rest der Songs ist Standard. Mid-Tempo Power Balladen gibt es doch schon so viele, warum muss man dann sein Album damit voll packen? Völlig unverständlich. Wenn dann auch noch in "Pass Slowly" Streicher den Sound pathetisch aufbauschen, kann man nur genervt die Augen verdrehen. Hey, lasst uns alle Rock-Klischees auf ein Album packen! Geilo!

"Holding Onto Strings Better Left To Fray" ist eine dieser Platten, die im Handschuhfach herumfliegen werden. Im Auto kann man sie durchaus mal einlegen, sie hat ja auch ihre guten Momente und Songs. Die heimische Stereoanlage wird sie aber wohl nie wieder von innen sehen.

Trackliste

  1. 1. No Resolution
  2. 2. Here And Now
  3. 3. Country Song
  4. 4. Master Of Disaster
  5. 5. Tonight
  6. 6. Pass Slowly
  7. 7. Fade Out
  8. 8. Roses
  9. 9. Down
  10. 10. Desire For Need
  11. 11. Forsaken

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