laut.de-Kritik
Atmosphärischer Zeitlupen-Ambient aus Indien.
Review von Toni HennigSijya Gupta, kurz Sijya, machte sich mit ihrer ersten EP "Young Hate" 2022 in ihrer indischen Heimat einen Namen und sorgte mit Mixes für die UK-Radiostationen NTS und Noods Radio auch außerhalb des südasiatischen Raumes für Aufmerksamkeit. Nun versucht die Musikerin und Produzentin, die nebenher auch Grafikdesignerin ist, mit ihrem ersten Kurzformat für das One Little Independent-Label auch außerhalb des Kontinents Fuß zu fassen.
Mit der EP beginnt laut Sijya zugleich die Suche nach einer eigenen Soundidentität. Bis zur Fertigstellung war es ein langwieriger Prozess. Jeder Track wurde endlos verändert, überarbeitet, verworfen und dann durch wiederholte Experimente wiederbelebt. Mit Toningenieur Jay Panelia versuchte die aus Neu-Delhi stammende Musikerin den digitalen Synthesizern die Sterilität auszutreiben. Rau, schwer und körperlich sollte das Ergebnis klingen. Um die finalen Mixes kümmerte sich Seth Manchester, um jede Nuance der Schwere noch weiter zu verstärken. Die Mühe hat sich gelohnt.
"I Only Want To Crash" empfängt uns mit atmosphärischen Ambient-Tunes Marke Boards Of Canada und sparsam eingestreutem Gesang noch recht ruhig, aber schon in "Rust" kommt mit schweren Bässen und metallisch klingenden Vocals etwas Rohes und Physisches zum Tragen. Dieser Anstrich setzt sich in "Do I Know" fort, das von düsteren Trip Hop-Tönen lebt und gesanglich eine melancholische Stimmung ausstrahlt.
"Safe" ist ein recht intimer Track, bestehend aus minimalistischen, analogen Zeitlupenbeats, spacigen Synthies und brüchigen Vocals. Ähnlich entschleunigt kommt das von nächtlicher Elektronik und nachdenklichem Gesang getragene "Why Do You Fight Me" daher. Im verspielten "Tabla" begegnet man zum Schluss traditionellen indischen Klängen.
Letzten Endes zieht sich ein Gefühl der Schwere wie ein roter Faden durch "Leather & Brass". Dabei hört man die unterschiedlichen Einflüsse Sijyas deutlich heraus. Noch fehlt es zwar an einem Signature-Sound, von dem sie sich gegenüber der elektronischen Konkurrenz abhebt. Ein guter Grundstein für ihre weitere Karriere bildet die EP trotzdem.
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