laut.de-Kritik
Vorläufiger Schlusspunkt der Reunion-Feierlichkeiten.
Review von Daniel StraubVor rund einem Jahr erreichten die Soft Cell Reunion-Feierlichkeiten mit dem Release ihres ersten 'echten' Longplayers nach 17-jähriger Abstinenz, und der von den Fans sehnsüchtigst erwarteten Tour, ihren Höhepunkt. Pünktlich zum Wiedervereinigungsfieber erschien damals ein Konzertmitschnitt des Duos auf DVD.
In diesem Jahr vervollständigt eine Live-Doppel-CD die umfassende Dokumentation der Soft Cell-Reinkarnation. Insgesamt 26 Tracks beschwören noch einmal die sympathisch-mitreißende Atmosphäre der Konzerte von Dave Ball und Marc Almond im vergangenen Jahr herauf.
Schlicht "Live" betitelt passt die Doppel-CD wunderbar zur unaufgeregten Stimmung, in der Marc Almond und Dave Ball 2002 wieder zusammen auf einer Bühne zu sehen waren. Kein großer "Wir sind auferstanden"-Hype begleitete die Europa-Tournee der beiden Synthie-Pop-Pioniere. Das haben Soft Cell nicht nötig. Betreten die Beiden die Bühne, so herrscht von der ersten Sekunde an eine entspannte Natürlichkeit, die begeistert. Dave Ball zieht sich hinter seine Synthies zurück, anscheinend froh darüber, dass er einen Sänger wie Marc Almond an seiner Seite weiß. Der hüpft von den ersten Takten ihrer Single "Memorabilia" an in bester Laune über die Bühne, scherzt mit dem Publikum, ergibt sich irgendwann selbst seinen pathos-aufgeladenen Gesten; ein unwiderstehlicher Entertainer mit Herz und Seele.
"Live" orientiert sich in seiner Chronologie an den Konzerten der Reuniontour. Während die erste Hälfte des Gigs einen munteren Mix aus Tracks ihres 2002er Albums "Cruelty Without Beauty" und klassischen Soft Cell-Songs bereit hält, dominieren im zweiten Teil Popperlen wie "Tainted Love" oder "Bedsitter". Hier reiht sich Hit an Hit, sehr zur Freude des Publikums, das nun endlich mal aus voller Brust mitsingen darf. Eine erstaunliche Hitdichte für eine Band, die es in den 80er lediglich auf drei Alben und eine Remixplatte brachte.
Dazwischen streuen Soft Cell aber auch selten Gehörtes ein, wie das epische, seinerzeit nur als Maxi-B-Seite veröffentlichte "Martin". Den Schlusspunkt unter die knapp zwei Stunden Synthiepopgeschichte setzen Soft Cell mit zwei ihrer schönsten Stücke: das schwülstige "Say Hello, Wave Goodbye" ertönt wie aus tausend Kehlen, bevor die pumpenden Electro-Grooves von "Sex Dwarf" auch die hinteren Reihen des Konzertessaales gefangen nehmen.
Vor allem für jene, die Marc Almond und Dave Ball auf ihrer "Cruelty Without Beauty"-Tour zugejubelt haben, gehört "Live" zum unverzichtbaren Pflichtprogramm. Ein Stück Erinnerung auf zwei CDs gebannt, das zeigt, dass Soft Cell auch 2002 nichts von ihrer Faszination verloren haben.
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