laut.de-Kritik
Leichtfüßiger Vocal-Jazz-Pop mit traurigen Texten.
Review von Martin LeuteIn den USA hat Sonya Kitchell derart überzeugt, dass ihr Debütalbum in das Starbucks Hear Music-Programm, das den Vertrieb des Longplayers in der Kaffeehaus-Kette ermöglicht, aufgenommen wurde. Das lässt darauf schließen, das "Words Came Back To Me" sowohl ein qualitativ hohes als auch kommerzielles Potenzial in sich birgt.
Und in der Tat überzeugt die 18-jährige Kitchell mit ihren Vocal-Jazz-Pop-Kompositionen, die sich verhalten im Soul, Blues oder Folk bedienen, dabei der Sentimentalität durchaus zugetan sind, aber jede Form von Larmoyanz vermeiden. Den Vergleich mit Norah Jones wird sich Sonya Kitchell wohl gefallen lassen müssen, zu nahe stehen sich die beiden Songschreiberinnen stilistisch, auch wenn Sonya ihre großartige Alt-Stimme variationsreicher einsetzt als ihre erfolgreiche Kollegin.
Ein fröhlicher Keyboard-Lauf eröffnet den poppigen Opener "Let Me Go", das Schlagzeug gibt das Midtempo vor und die Sängerin stimmt eine sonnige Melodie an, die auch von Jack Johnson stammen könnte. Ein eingängig gezupftes Gitarrenmuster gibt in "Train" die Richtung vor, sachte säuselnd springt Kitchell mit ihrer dunklen Stimme auf, die sich beim Refrain zu leisen Streichern gekonnt erhebt.
In der ruhigen Nummer "Can't Get You Out Of My Mind" taucht sie spielerisch leicht in bluesiges Gewässer ein, "Words" gefällt mit seiner facettenreichen Dramaturgie und der feinfühligen Instrumentierung. Den traurigen Lyrics in "Cold Day" ringt sie mit einer emotionalen, aber nie bedrückenden Melodieführung ein ordentliches Stück Hoffnung ab. "It's a cold day in history/ One of the coldest of our time" singt sie da und spielt auf die Tragödie des 11. September 2001 an. Der Gitarrennummer "No Matter What" schließt sich der Track "Simple Melody" an, in dem der sanfte Gesang ganz weich in Percussion-, Bass- und Gitarren-Arrangements gebettet wird.
Im flotteren "Think Of You" harmoniert die geschlagene Akustik-Gitarre schön mit dem vorsichtig gesetzten Keyboard, ehe Kitchell in den Balladen "Too Beautiful" und "Tinted Glass" wieder leise Töne anschlägt und gerade in solchen Momenten ihren stärksten Ausdruck entfacht. Ein dezenter Bossa Nova-Rhythmus bildet das Gerüst im heiteren "I'd Love You", das Klavier übernimmt langsam die Führung und macht sich zu einem hübschen Solo auf. Das Album schließt mit dem nur von der gezupften Gitarre und Streichern begleiteten "Jerry" gefühlvoll ab. Nein, nicht ganz. Wer eine Minute verharrt, kommt noch in den Genuss eines feinen Hidden Tracks, der die Gitarre spielende Sonya Kitchell noch mal als kompetente Liedermacherin ausweist.
Mit "Words Came Back To Me" hat Sonya Kitchell eine Debüt vorgelegt, das man in die Nähe von Künstlerinnen wie Norah Jones, Madeleine Peyroux, Vienna Teng und Katie Melua als grobe Referenzpunkte rücken kann, wobei der jungen Amerikanerin unbedingt Individualität bescheinigt werden muss. Diese drückt sich vor allem in der beeindruckenden Stimme der Sängerin und den leichtfüßigen, vorwiegend akustischen Arrangements aus. Dennoch, wer die Musik der genannten Damen mag, der liegt auch mit Sonya Kitchell nicht komplett daneben.
Noch keine Kommentare