laut.de-Kritik
Absturz-Cocktail aus Drogen, Party, Gewalt und Sex.
Review von Benjamin FuchsDie Texte von Stereo Total sind sicher nicht jedermanns Sache. Ist das jetzt Geschmacksverirrung oder einfach nur frech-naiv? Aus der Kontroverse heraus entsteht schließlich nicht selten erst das öffentliche Interesse. Aber gilt das wirklich immer? "Mir tut alles weh/ Ich habe TBC im Herzen/ Kinderlähmung im Kopf/ Mein Gewicht beträgt 25 Kilo/ Ich möchte, dass er zurückkommt" ("Helft mir")
Noch einen Schritt weiter und Sängerin Francoise Cactus fällt von der schmalen Serpentine namens "unschuldig-geradeheraus" in die tiefe Schlucht des Geschmacklosen. Knappe Sache. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt auch der Song "Babystrich". Die Verarbeitung des Themas Christiane F. und Kinderprostitution am Bahnhof Zoo mit einem Bee Gees-Gedächtnis-Falsett wirkt dem Ernst des Themas nicht angemessen.
Rein musikalisch betrachtet bescheren uns Stereo Total ihre eigene, inzwischen bekannte Version von tanzbarem Synthiepop samt "Do-It-Yourself"-Flair. Alles in allem ganz nett. Markenzeichen bleibt die niedliche und charmante Stimme von Sängerin Francoise. Textlich ist Minimalismus Trumpf und so schafft es die Chanteuse auch spielend, den kompletten Songtext von "Cinémania" mit Namen berühmter Schauspieler und Regisseure zu bestreiten. Ob das nun große Kunst oder noch größere dichterische Faulheit ist - jedenfalls bezaubert ihre Stimme auch hier.
Bezüge zum Thema "Film" gibt es auf "Do The Bambi" auch sonst reichlich. Neben bereits erwähntem Christiane F.-Bezug bei "Babystrich", nimmt sich "Orange Méchanique" Stanley Kubricks "Clockwork Orange" an. Hinter dem unschuldigen, neonblauen Gesicht des Rehkitzes auf dem Cover verbirgt sich ein schillernder Absturz-Cocktail aus Drogen, Party, Gewalt, Sex, Naivität und Berechnung. Nicht schlecht gemacht, jedoch gerät die Masche, Elektropop mit wirren Texten samt französischem Akzent zu verbinden, irgendwann auch langweilig.
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