laut.de-Kritik
Gelungene Best Of-Compilation der Brauschweiger Crossover-Recken.
Review von Rainer HenzeEine Figur, in Stacheldraht verstrickt, eingewickelt bis zur Unkenntlichkeit, marionettengleich an Fäden baumelnd, ziert das Cover der "10 Jahre"-Bilanz von Such A Surge (die keine Best-Of sein will, es aber natürlich ist). Das Motiv bedeutet Selbstreflexion und -referenz: Es ist das nur leicht modifizierte Artwork des '95er Debutalbums "Under Pressure". Gestern wie heute: Die zwischen Widerstand und Hilflosigkeit pendelnden Gefühle selbstbewusster Künstler in den Zwängen einer ungeliebten aber gebrauchten Musikindustrie wurden von den Braunschweiger Crossover-Recken stets thematisiert.
"Über den Sinn oder Unsinn einer solchen Platte kann man wirklich streiten", lassen SAS dann auch im Info zur vorliegenden Compilation verlauten. Richtig, kann man. Muss man aber nicht, denn die unvermeidliche Best-Of-Verwertung anlässlich eines Bandjubiläums gehört zu den eher harmlosen Automatismen der Plattenindustrie. Für mehr Aufsehen in den einschlägigen Band-Foren sorgt da schon das Thema Kopierschutz. Die CD ist nicht am PC abspielbar - einer dieser Kompromisse, denen sich SAS, nach eigener Aussage, widerwillig beugen mussten.
So kommt es, dass auch der Rezensent dem Hörgenuss während des Schreibens dieser Kritik entsagen muss. Schade eigentlich, denn die Zusammenstellung ist gelungen, versammelt bekannte Highlights der SAS-Geschichte wie "Jetzt ist gut", "Gib mir mehr" und "Gegen den Strom". Dazu gibts eine 2002er-Version von "Koma" und zwei neue Songs. "Keinen Schritt weiter" und "So wie ich das seh'" sind klassische Surge-Stücke: emotional rockend. Als "Abschluss des ersten Buches", wie die Band es selbst sieht, gehen die beiden Tracks ok. Für zukünftige Alben wünscht man sich allerdings etwas mehr Innovation im Surge-Sound.
Das Kapitel "Experimente" wird dann allerdings auf der Bonus-CD abgehandelt. Dort finden sich Songs der Seiten-Projekte Pain In The Ass, Originalton und Revolver, in denen sich die Bandmitglieder größere musikalische Freiheiten erlauben, als unter der Marke SAS möglich. So bleibt zu hoffen, dass die Braunschweiger den Biss behalten und sich auch in den Fangstricken der Musikkonzerne weiterhin eigenständig zu bewegen vermögen.
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