laut.de-Kritik

Litauischer Post-Metal mit Herzblut.

Review von

Pelican, Sunn O))), Electric Wizard, Isis – US-Produzent James Plotkin hatte sie alle schon vorm Pult. Der Downtune-Fanatiker arbeitet sich seit Jahren quer durch die Szene, setzt dabei zum Glück auch immer wieder auf kleinere Bands – und weiß ganz genau, wann es auch mal knarzen darf.

Auch 2016, nachdem Cult Of Luna und Sinistro mit säuberlich geleckten Glanzproduktionen vorgelegt haben, erbarmt sich Plotkin, dem Post-Metal mal wieder etwas Dreck in die Schnauze zu wedeln. Auch wenn dieser erst aus dem fernen Litauen zu uns herüberwehen muss. Denn dort hat das schon seit elf Jahren vor sich hin schmorende Sludge-Trio Tesa im vergangenen Jahr sein drittes Studioalbum "Ghost" aufgenommen.

Bei allem Geknarze gelingt der bis dato ungehörten Truppe auch gleich einmal ein beachtlicher Spagat zwischen US-amerikanischen und kanadischen Einflüssen. Wie ihre Tourkollegen Neurosis' vereinen Tesa in den fünf Instrumental-Tracks vor allem die Intensität Russian Circles' mit der von Godspeed You! Black Emperor – um nur ein bisschen Namedropping zu betreiben.

Tesa jagen asoziale Stoner-Riffs der Marke Bongripper durch einen filterreichen, aber knochentrockenen Looping-Strudel, festgehalten im organischen Live-Sound einer Old-School-Hardcore-Show. Von Post-Rock ist das Trio dabei weit entfernt, aufgelockert wird vielmehr durch vereinzelte Screaming-Fetzen ("H", "T") oder effektiv simple Melodieeinspickungen ("O", "T"). Im Grunde als hätte jemand GYBE die Batterien aus den Delay-Pedalen geklaut.

Im Gegensatz zu ihren kanadischen Protest-Schwestern sehen Tesa allerdings keinerlei Notwendigkeit, minutenlange Steigerungen zu inszenieren, um die Crescendo-Schmerzgrenze so ständig aufs Neue auszuloten. Ihren ganz eigenen musikalischen Vulkan lassen die Litauer viel lieber schon im Minutentakt eruptieren. Den einzig sicheren Unterschlupf bieten da noch die ersten Minuten in "O", die mit Synth-artigem Gitarrengeflirre dann aber auch die einzigen (und deshalb absolut angebrachten) Längen der Platte ausmachen.

Organisch, groovig, gut. Dabei bewegt sich "Ghost" fernab jeglicher Genrerevolution. Auf der anderen Seite zeugen Tesa aber von so viel mehr Herzblut und Authentizität als Truppen à la Hemelbestormer oder Downfall Of Gaia, die derzeit ebenfalls mit jeder Kraftreserve versuchen, auf den langsam aber sicher Richtung Belanglosigkeit tuckernden Post-irgendwas-Zug aufzuspringen.

Litauischer Post-Metal mit Herzblut – schon jetzt spannender als die neue Neurosis.

Trackliste

  1. 1. G
  2. 2. H
  3. 3. O
  4. 4. S
  5. 5. T

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