laut.de-Kritik
Dann lieber Schweineohr, Cowboy.
Review von Franz MauererThe Bros. Landreth sind nun Grammy-geschmückt, da Americana-Legende Bonnie Raitt einen für ihr Cover ihres Songs "Just Like That" bekam. Die Verbindung zu Raitt pflegen die Brüder auf ihrem neuen Album "Dog Ear" weiter, u.a. auf "Knuckles" hat die Grande Dame einen Gastauftritt. Der Opener "Sunrise, Sunset" ist so ein säuselndes Nichts (aber immer noch mehr als der Titeltrack), dass wir fast direkt dazu vorspringen wollen, doch um es vorwegzunehmen: Das würde nicht so viel ändern. Der Schlagzeuger Roman Clarke ist zum faktischen dritten Bandmitglied und Co-Songschreiber geworden, das äußert sich aber leider nicht in einer greifbaren Schwere der oft ephemeren Lieder. Wie der Augsburger Rechtsverteidigung unter Wagner fehlt es an allen Stellen an Körperlichkeit, Griffigkeit.
Wobei "Knuckles" sogar noch positiv hervorsticht, da der extrem ruhige Song sehr kompetent ausgeführt ist. Das Grundproblem einer mangelnden Dringlichkeit, die nichts mit Härte oder Lautstärke zu tun hat, überfällt aber auch ihn. Gute vier Minuten dauert der Song, er wäre in zwei genauso auserzählt. Das ist Musik fürs Altersheim in Winnipeg, wo die ehemaligen Handwerker im Schaukelstuhl sitzen und nur gespielt werden darf, was keinen Blutdruck verursacht. Beziehungsweise schon, wenn man genau hinhört, wie Joey Landreth seine insgesamt viel zu braven Gesangseinlagen auf "I'll Drive" noch ansatzlos unterbietet mit einem so kreuzbieder braven Schwiegersohn-Americana-Sprech, dass Cash bei diesem lahmen Roots-Pop vermutlich im Grab rotiert.
"Half Of Me" und Konsorten würden nirgends negativ auffallen, dafür fallen sie nicht genug auf. Nur am Stück bewusst genossen sehnt man sich nach Schmerz, nur um etwas zu fühlen. Spotify muss diese Musik lieben, denn absolut jede Playlist mit "chill", "comedown" oder "relax" kann auf die Landreths ganz fest bauen. "Vincent" ist das Albumhighlight mit seiner zwar simplen, aber auch eingängigen Struktur und einem gut gespielten Bass, das zumindest in den Strophen unterhält, bevor die Cowboys das Rosenwasser für den Refrain auspacken. Es ist geradezu unsympathisch, wie auch im Refrain von "Half Moon Eyes" Raitt bei ihrem zweiten Auftritt nur eingesetzt wird, um eine breitere, aber nie eindringlichere Sangesfront zu bilden. KI würde solche Americana machen und die Landreths sollten dringend Unterricht bei Robert Pecknold nehmen, wie Mehrstimmigkeit geht. Das zeigt auch der Closer "Strange Dear" mit der Nicht-Pflanze Begonia, völlig einfallslos.
Die starke Akustikgitarrenfigur, die Percussion und der Bass von "Tumbling Wild" müssten wahllos aneinandergereiht eigentlich schon für einen geilen Song reichen, die hauchenden Kanadier bekommen ihn zumindest nicht kaputt, der instrumentale Schluss ist aber phänomenal besser als der Vorderteil. Im Saloon schmisse ich eine Whiskyflasche pro Bruderkopf, so sehr verschwenden die Landreths ihr Talent und ihre Handwerkskunst für samtenen Scheiß wie das emotionslose "Let Me Down Easy" und den besonders schlimmen Slide-Kuschelrocker "Wide Awake And Dreaming".


Noch keine Kommentare