laut.de-Kritik

Die Väter von Interpol in ihrer Glanzphase.

Review von

Moderne Technik: Die Chameleons-DVD "Live From London" lässt sich sogar auf der Playstation 2 abspielen. Soviel zu den digitalen Vorzügen gegenüber der guten alten Videokassette aus den 80ern. Aber die kauft ja niemand mehr. Is ja nicht Dolby Digital-fähig, das olle Magnetband. Stattdessen rein in die DVD-Zeitmaschine und zurück ins Jahr 1984, direkt vor die Bühne des Londoner Camden Palace Theatres, hinein in eine rückwirkend betrachtet immer irgendwie triste 80er-Jahre-Konzertatmosphäre, fröstelnd wie ein Abend im November, der er im Falle des Chameleons-Gigs letztlich auch war.

Das Ausbleiben jeglicher neumodischer Schnitttechniken und das Fehlen heute omnipräsenter Behind The Scenes-Features, Endlos-Interviews und Easter Eggs verstärkt den Retro-Charakter der Geschichte um ein weiteres. Im Falle der nun wohl endgültig aufgelösten Chameleons hätte es allerdings gerne mal mehr sein dürfen. Schließlich ist der Blick auf die Errungenschaften des Manchester-Quartetts trotz des gewaltigen Erfolgs von Interpol noch immer nicht vollständig freigelegt.

Es ist anzunehmen, dass das "Live From London"-Konzert bereits seit Jahren in Fankreisen kursiert, da es sich um einen britischen TV-Livemitschnitt handelt. Ob das Label hofft, mit einem Uralt-Gig einer nicht mehr existenten Band ohne Bonusmaterial Geld machen zu können, darf man bezweifeln. Vielmehr könnte es am Ende an den Protagonisten gelegen haben, dass keine würdige Retrospektive auf die kurze Karriere der Band (1981-87) zustande kam. Zumindest hat man Sänger Mark Burgess schon wieder mosern gehört, wenn überhaupt, dann wünsche er sich eine DVD-Veröffentlichung der US-Tournee 2002, als sich die Chameleons für zwei kurze Jahre nochmal zusammen rauften, bevor ein neues Zerwürfnis anstand.

Dann doch lieber die alten Zeiten: Spaß macht es nämlich ziemlich, Mark Burgess' erstaunlich modernen Pilzkopf-Haarschnitt zu bewundern, während er betörend atmosphärische Wave Rock-Klassiker wie "Don't Fall", "Pleasure And Pain" oder "Monkeyland" (Burgess: "Munkiland") intoniert. Die toupierten Haartollen seines Erste Reihe-Publikums und nicht zuletzt seiner Bühnenkollegen lassen den Aufnahmezeitpunkt dann allerdings kaum im Umgefähren. Reg Smithies hat seine Gitarre überdies mit unzähligen Augen-Aufklebern "verschönert", die damals wohl irgendeinen hippen Bezug zum leider unseligen Cover des '83er-Megadebüts "Script Of The Bridge" darstellen sollten.

Das digitale Bild-Dokument stellt außerdem die essenziellen Fragen auf, wieso heute kein Gitarrist mehr die einst mächtig angesagten, seitwärts kreisenden Beckenbewegungen vollzieht und wo die guten alten Muskelshirts abgeblieben sind. In erster Linie führt der an sich unspektakuläre Live-Auftritt aber vor Augen, dass die Chameleons eine immens wichtige Indie Rock-Band gewesen ist, die es nach wie vor wert ist, von einer neuen Generation wieder entdeckt zu werden. Da kann man auch mal drüber hinweg sehen, dass hier alles andere als "value for money" geboten wird.

Trackliste

  1. 1. Don't Fall
  2. 2. Intrigue
  3. 3. Monkeyland
  4. 4. Second Skin
  5. 5. Rule Britannia
  6. 6. Pleasure And Pain
  7. 7. Return Of The Roughnecks
  8. 8. A Person Isn't Safe
  9. 9. In Shreds
  10. 10. Splitting In Two
  11. 11. Here Today
  12. 12. Thursday's Child
  13. 13. Paper Tiger

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