laut.de-Kritik
Neuinterpretationen für Nerds, DJs und Spotify-Playlister.
Review von Lisa RupprechtWenn Robert Smith etwas beherrscht, dann ist es die Kunst der Ankündigung. Oft, lange und kryptisch spricht der ewige Grufti von The Cure über neue Musik – nur um dann, wie hier, ein ganz anderes Projekt aus dem Ärmel zu schütteln. "Mixes Of A Lost World" ist das dritte Remix-Album der Bandgeschichte. Wie schon bei "Mixed Up" von 1990 und dem Nachzügler "Torn Down", der 2018 erschien, gilt: Das Ergebnis ist ein Klang-Mosaik zwischen inspirierter Neuerfindung und unnötiger Dekonstruktion.
Die Vorlage, "Songs Of A Lost World" zieht wie ein schwerer Schatten am Horizont auf – dunkel, bedrückend und voller nachdenklicher Schwere. Auf diesem Remix-Trip toben sich nun 24 Künstler – darunter Schwergewichte wie Four Tet, Paul Oakenfold, Orbital, Mogwai, Chino Moreno oder Mura Masa – an acht Songs aus, jeder Track in drei Varianten. Die Musik reicht von ruhigen, atmosphärischen Klängen über tanzbare Club-Beats bis hin zu wilden, teils unheimlichen Experimenten, die eher an einen Albtraum als an einen Bonus-Track erinnern.
Der Four Tet-Remix von "Alone" ist leicht und atmosphärisch, bevor Robert Smiths Stimme einsetzt. Paul Oakenfold verwandelt "I Can Never Say Goodbye" in einen kraftvollen Track mit großem Sound, der an Filmsoundtracks erinnert. Mogwai machen aus "Endsong" ein langes, intensives Instrumentalstück, während Chino Moreno "Warsong" mit viel Energie neu interpretiert. Einige andere Remixe bleiben weniger prägnant und gehen im Gesamtsound etwas unter.
Denn ja, viele Stücke wirken wie reine Pflichterfüllung: Hier ein paar Filter, da ein neuer Beat, aber nichts, was der Originalkomposition gerecht wird oder diese gar übertrifft. Die Meera-Version von "All I Ever Am" treibt das Spiel so weit, dass Smiths Stimme fast verschwindet.
Das Problem vieler Remix-Alben zeigt sich auch hier: "Mixes Of A Lost World" ist weniger eine kohärente Platte als ein Soundarchiv für Nerds, DJs und Spotify-Playlister. Wer Zeit und Geduld hat, kann hier echte Schätze entdecken, der Rest pickt sich vielleicht zwei, drei Lieblinge raus und lässt den Rest versanden.
Trotzdem ist das Projekt mit viel Liebe von Robert Smith kuratiert worden, und die Liste der Mitwirkenden ist beeindruckend. Sämtliche Einnahmen werden an "War Child UK" gespendet, das verleiht der Veröffentlichung zusätzliches Gewicht. Es ist kein Ersatz für ein neues Album, aber ein eigenständiges Werk voller Ideen, Ecken und Überraschungen.
Noch keine Kommentare