laut.de-Kritik
Gestatten, die neue Indie-Supergroup.
Review von Alexander KrollIst es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Es ist eine Supergroup! Seit Eric Clapton von den Yardbirds mit Jack Bruce und Ginger Baker von der Graham Bond Organisation eine neue Band namens Cream gründete, haben sich über die Jahrzehnte hinweg immer mal wieder bekannte Musiker zu Supergroups zusammengeschlossen. Darunter gab es Glücksfälle wie The Dead Weather, Them Crooked Vultures oder Boygenius. Doch nicht immer hielten die Superlative, was sie versprachen. Sebastian Bachs Damnocracy blieb ein trauriger TV-Stunt. Und viel mehr als das clevere Akronym XYZ haben die Ex-Mitglieder von Yes und Led Zeppelin nicht auf die Reihe bekommen.
Das neueste Supergroup-Kapitel schlagen The Hard Quartet auf – und tatsächlich halten sie viel von dem was sie versprechen. Stephen Malkmus, Mastermind der Jicks und vor allem der Indierock-Ikonen von Pavement, liefert zusammen mit den ähnlich genreversierten Musikern Matt Sweeney (Chavez, Zwan, Bonnie "Prince" Billy), Jim White (Dirty Three, Cat Power, Bill Callahan) und Emmett Kelly (The Cairo Gang, Ty Segall, Angel Olsen) eine satte 15-Track-Playlist, die sich entlang der Glanzzeiten des US-Indierock der 80er und 90er Jahre kreativ in die Höhe schraubt.
Zwar schimmert bisweilen das alte Supergroup-Problem durch: Zu viele Songs, zu viel Produktionswille von gleich vier Songwritern, zu viele Impulse und dadurch zwangsläufig auch die ein oder andere Skizze, aus der mehr hätte werden können ("Killed By Death"), kleinere Ausfälle ("Renegade", "It Suits You"). Insgesamt jedoch überwiegt die große Spielfreude von Profi-Musikern, die sich gegenseitig verehren. Zwischen Slacker-Hooks und Noise-Nuancen, die auch zu Yo La Tengo oder Sonic Youth und vor allem zu Pavement passen würden, entwickelt sich eine spannende Symbiose aus den Finessen der Beteiligten, oder, um es in Emmett Kellys Worten zu sagen: "Komm, wir werfen unseren ganzen Kram in einen Topf und machen daraus etwas Größeres".
Ihrem Namen machen The Hard Quartet besonders am Anfang alle Ehre. Hyperaktiv überlagern sich beim Opener "Chrome Mess" rohe Gitarrenspuren und Trommelwirbel, als wären Jack White und Josh Homme auch noch in der Band. Trotz einiger Verschnaufpausen surft auch "Earth Hater" zwischen den zuckenden Eruptionen mehrerer Gitarren. Ein Rock-Highlight gelingt später auch mit "Action For Military Boys", das die Sound-Intensität mit einem Kriegsszenario verschmilzt und durch eine zynische Pointe mit Beach-Boys-Chorus auflöst: "The modern warfare for which we train / Is nothing like a fucking video game".
The Hard Quartet beherrschen auch leise Töne und ausgefeilte Dramaturgien. Mit Sweeney am Mikro inszenieren sie "Rio's Song" als unwiderstehlich kontemplativen Nachruf auf den vor zwei Jahren verstorbenen Schauspieler Rio Hackford ("Gone up above the world again"). Seine Stärke als stiller Erzähler beweist Sweeney auch bei der "Tiny Dancer"-Variante "Jacked Existence". Besonders viel Freude bereiten auf dem Album die akribisch aufgebauten Malkmus-Tracks "Six Deaf Rats" und "Heel Highway", die sich beschwingt in die Tradition großer Pavement-Balladen einreihen.
Danach bleibt nur die Frage: Überwinden The Hard Quartet das größte Supergroup-Manko und verschwinden nicht gleich wieder von der Bildfläche? Matt Sweeney gibt sich zuversichtlich: "Das hier scheint in absehbarer Zukunft einfach eine wirklich gute Band für uns alle zu sein", prophezeit der Musiker, "wir werden weitermachen, bis die Räder abfallen. Ich kann mir keine besseren vorstellen als diese drei Jungs".
1 Kommentar
für mich die beste "super-group" bis jetzt in diesem jahrhundert wurde einfach unterschlagen... AUDIOSLAVE