laut.de-Kritik
Wie der Original-Song klingt? Spielt überhaupt keine Rolle!
Review von Dominik KrausEvan Dandos Lemonheads waren schon immer große Freunde der gepflegten Coverversion. Kein Konzert, bei dem die Zitronenköpfe nicht mindestens zwei oder drei Songs anderer Artists mit schier unglaublicher Grandezza zum Besten gaben. Und oft genug fragte man sich dann, ob man es hier gerade mit einem neuen Dando-Song zu tun hatte oder doch eher mit einem Band-Ausflug ins Innerste des amerikanischen Populärliedguts der späten 60er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Auch im Studio kamen die Heads hin und wieder ihrer Vorliebe für den Coversong nach. Mehr noch: Zu den größten 'Hits' der Gruppe zählten gerade diese Songs. Beispielsweise das von Suzanne Vega geborgte "Luka", das ihnen erstmals Aufmerksamkeit bescherte, die über den strikten Underground hinausging.
Ebenso die famose Single "Into Your Arms" und vor allem der bis heute meistgespielte Song der Lemonheads, das extrem schmissig vorgetragene "Mrs. Robinson", im Original von Simon & Garfunkel. Da erscheint es geradezu logisch, auch einmal ein ganzes Album mit Coverversionen aufzunehmen.
"Varshons" ist das neue Werk betitelt, das weit mehr ist, als ein bloßer Lückenfüller zwischen dem überraschend mitreißenden letzten Album "The Lemonheads" und dem demnächst anstehenden Album mit neuen Stücken aus eigener Feder. Und so zeigt sich Dando hier ganz in seinem Element und veredelt mit seinem Goldkehlchen im Vorbeigehen ein paar olle Song-Kamellen.
Natürlich darf bei der Auswahl der Stücke sein All-Time-Songwriterliebling Gram Parsons nicht fehlen. Und so startet Dando das Album mit dem großartigen "I Just Can't Take It Anymore", das auch ganz wunderbar auf seine Soloscheibe "Baby I'm Bored" gepasst hätte. Wie überhaupt das ganze Album naturgemäß weniger nach Lemonheads, als vielmehr nach Dando klingt. Zumal bei vielen der elf Stücke vor allem seine Stimme samt Westerngitarre zu hören sind, die Band dagegen meist im Hintergrund bleibt.
Neben Parsons werden unter anderem die Art Punk-Urväter Wire, der notorische G.G. Allin, Townes Van Zandt, Linda Perry (von den 4 Non Blondes) und Leonard Cohen neu interpretiert. Die sparsame Instrumentierung unterstreicht den oft nachdenklichen Charakter von längst vergessenen Songs wie "Yesterlove", "Green Fuz", "Mexico" und "Fragile", so dass weite Teile von "Varshons" stimmungsvoll zwischen minimalistischer Singer-Songwriter-Ernst und psychedelisch anmutender Country-Western-Attitude balancieren.
Besonders gut funktioniert das bei "Fragile", wo Wire zu einem Lagerfeuer im Schlafzimmer mutieren, bei "Mexico", das hinten raus noch mal so richtig mit der Fiddel abgeht und bei "Waiting Around To Die", ebenfalls mit einer wehklagenden Countrygeige bestückt.
Ganz stark ist auch die Interpretation von Cohens Loverballade "Hey That's No Way To Say Goodbye" geraten, in der sich Dando und Liv Tyler verführerisch anknurren und gegenseitig besäuseln. Das ist mindestens so sexy wie Cohen himself, hat sogar noch einen Funken mehr Spannung. Als krönenden Abschluss serviert der Amerikaner Linda Perrys "Beautiful", das durch Christina Aguilera allgemein bekannt sein dürfte.
Hier läuft Dando nochmal zu Höchstform auf, erobert mit ordentlich Schmelz in der Stimme erst den Song und dann die Hörer. Nach wie vor beeindruckend ist, wie sich der Cover-König die Songs nebenbei schnappt und mit einer fast schon arroganten Selbstverständlichkeit runterspielt, als wären sie von ihm selbst geschrieben worden.
Es spielt so gut wie nie ein Rolle, wie das Original klingt. Was Dando anfasst, wird quasi automatisch zu einem Zitronenlied. Und so klingt "Varshons" abgesehen vom Electrogimmick "Dirty Robot" trotz unterschiedlichster Styles und Instrumentierungen von vorne bis hinten aus einem Guss.
9 Kommentare
haha cohen neben gg allin und townes van zandt.
kann man nur bringen, wenn man es richtig drauf hat.
sehr cool, der olle evan
War GG Allin nicht jener berühmt-berüchtigte Punker, für den es Routine war auf die Bühne scheissen und seine Exkremente im Publikum zu verteilen. Der hat gute, also Coverwürdige, Songs geschrieben ?
Bin sehr angetan!
fade to black
http://www.youtube.com/watch?v=EKd9fQG9Y0g
aber bloß vorher reinhören. die sind nicht alle komplett identischer richtung. manche rauher, manche poppiger. da muss man sich seinen teil rauspuzzlen
@dein_boeser_Anwalt (« das sind die alben, die ich kenne. danach hab ich dando etwas aus den augen verloren. die obigen scheiben sind alle sehr empfehlenswerte kost. »):
Skandal! Kauf dir sofort die "Come On Feel The Lemonheads", die ist auch super. Ebenfalls zu gefallen wusste mir die letzte Scheibe vor der Auflösung, "Car Button Cloth".
Dafür kenne ich dann nichts vor "Lovey". Wollte ich immer mal nachholen, aber wie das so ist...