laut.de-Kritik
Auf diesen Sound haben wir gewartet, ohne es zu wissen.
Review von Dani FrommIch möchte nach Neuseeland auswandern, bitte. Wenn möglich, dann jetzt sofort. Dachte ich anfangs noch, mit dem alten Phänomen konfrontiert zu sein, dass einem die Wiese des Nachbarn stets grüner erscheint, bin ich mittlerweile überzeugt: Musikalisch haben sie es einfach besser drauf am anderen Ende der Welt. Meine dritte neuseeländische Platte, jetzt, und ich bin zum dritten Mal vollkommen platt. Trefferquote 100%.
Daimon Schwalger gehört in seiner Heimat zum Urgestein der elektronischen Musikszene. Unter seinem Alias The Nomad brachte er in diesem Jahr bereits sein fünftes Album auf den Markt; für "Concentrated", das nun auch der übrigen Welt zugänglich gemacht wird, stellte er ausgewählte Tracks aus den bisherigen Veröffentlichungen zusammen. Das Ergebnis lässt mich mit einem einzigen Gedanken zurück: Verdammt, ich will auch den ganzen Rest hören!
Womit haben wir es eigentlich zu tun? Wie häufig ist ein passendes Etikett schwierig zu finden. Nennen wir es mal ... hmmm ... Wie wär's mit "Electro-Dub"? Etwas Drum'n'Bass schleicht sich ebenso ein wie Spuren ganz traditionellen Reggaes. Die Produktionsweise verrät allerdings, dass hier ein Herr an den Reglern sitzt, der seit Ende der 80er Jahre als Hip Hop-DJ unterwegs ist. Obwohl einem die wuchtigen Bässe die Luft aus den Lungen drücken, herrscht (beispielsweise in "Look Around") eine vollkommen entspannte, gelassene Stimmung, die erstaunlicherweise auch in den schnelleren Tracks (wie dem Drum'n'Bass-beeinflussten "Take A Sip") aufrecht erhalten wird.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich längst verliebt. Genaugenommen habe ich mein Herz im allerersten Stück, "Common Sense", verloren - an die grollenden Ansagen von MC Ras Stone. Eine Gitarre dominiert den sachten Einstieg, Hall und Echos verleihen dubbiges Flair. "People! Are you ready?" - die Begrüßungsfrage eröffnet die Bühne für Vanessa Stacey, eine wahrhaft beeindruckende Sängerin, die im wesentlich temporeicheren, mit einer melancholisch-klagenden Violinmelodie durchzogenen "Falling" ein weiteres Mal begeistert.
Vom langsamen Dubreggae-Vibe führt der Weg zu elektronischer gehaltenen Tracks. Die Bässe in "Attitude" bewahren sich dennoch einen warmen, organischen Klang. An verschiedenen Stellen bringt die ein oder andere Scratch-Einlage immer wieder den zu Grunde liegenden Hip Hop an die Oberfläche. In "Letz Play" ergeht sich MC Ras Stone über einem vertrackten, gehetzten Jungle-Beat in Raps, denen die Bezeichnung "Spoken Word Performance" weit besser zu Gesicht stehen würde. "Destinations" lädt mit flächigem Instrumental, dem Oakley Grennell eine traumhafte Gitarrenmelodie beimengt, zum Hineinfallenlassen ein. Keine Sorge: Eine weiche Landung auf dem Bass ist garantiert.
Jawohl, "Mr. Selecta"! "All my life I've been waiting for your sound". Ich wusste es nur nicht. Unterlegt von einem satten Beat und Vocals von MC Antsman in der Nebenrolle schocken mich auch die härteren Gitarrenklänge aus "Time Is Running Out" nicht, und wenn der Track schließlich in ganz leisen Tönen verweht, wäre ich am liebsten bereits auf dem Weg zum Flughafen. Up and away.
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