laut.de-Kritik
Batman tanzt durch Vivaldis Wintergarten.
Review von Artur SchulzYoutube-Stars rekrutieren sich nicht immer nur aus jugendlichen Hipstern. Den Beleg dafür liefern The Piano Guys, eine aus schon durchaus gesetzteren Herren bestehende US-Formation. Deren Vision von Musik liest sich auf den ersten Blick nicht sonderlich aufregend: Die Guys vermengen Klassik und Pop. Das mit überwältigenden Klickzahlen allerdings, denn bis Ende September verzeichnen ihre Videos rund 500 Millionen Zugriffe.
Die Piano Guys überzeugen mit handwerklicher Klasse und ungewöhnlichen Klang-Zusammenstellungen aus dem musikalischen Fundus von gestern bis heute. Bei "Let It Go" gelingt das Zusammenspiel mit "L'inverno (Winter)"-Elementen aus Vivaldis "Vier Jahreszeiten" sowie selbst komponierten Passagen höchst eindrucksvoll. Auf fernöstliche Kampftechniken trifft Frederic Chopin in der originellen Auseinandersetzung "Kung Fu Piano: Cello Ascends".
Piano und Cello stehen im Vordergrund, doch "Wonders" ist kein rein instrumental eingespieltes Werk. Dann und wann tauchen auflockernde Gesangspassagen auf. Etwa, wenn Gastsängerin Shweta Subram vorbeischaut und mit den Guys eine reizvolle Variante des Themas Weltmusik präsentiert ("Don't You Worry Child"). Die Klassik zeigt sich allgemein als ehrfurchtgebietendes Feld mit gestrengen Vorgaben, doch "Wonders" lässt immer genügend Raum für (geglückte) musikalische Späßchen.
Wie z. B. das höchst amüsante "Batman Evolution", das sich aus Soundtrack-Passagen von den Sechzigern bis in die Jetztzeit zusammensetzt. Danny Elfmans Kinofilm-Orchestersound trifft dabei auf Neil Heftis ohrwurmigen Titeltrack der Sixties-TV-Serie, inklusive stilechten "Batman! Batman!"-Chören im Hinterground. Das klingt wie ein heimlicher Lieblingssong des wählerischen "Big Bang Theory"-Masterminds Dr. Sheldon Cooper.
Auch ein Ennio Morricone-Titel steht der Klassik-Manufaktur gut zu Gesicht. Beweis: Die Traditional-Kollaboration "The Mission/How Great Thou Art". Die Piano Boys-Eigenkompositionen, wie etwa das Cello-dominierte "Fathers' Eyes", fallen gegenüber den großen Leihgaben nicht ab und fügen sich rund ins Albenkonzept ein.
Ergänzt wird die vorliegende Deluxe Edition mit einer DVD, die aufwändig und gleichzeitig ruhig inszenierte Videoclips zu vier Songs enthält. Das Phänomen The Piano Guys fand bislang vorwiegend in den Vereinigten Staaten die größte Beachtung. Mit "Wonders" sollte sich das nun auch hierzulande ändern.
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