laut.de-Kritik

Brillanter Feinschliff in der Kooperative.

Review von

Ist "In And Out Of Control" das erste basisdemokratische Album? Die Aufhebung des ollen Künstler-Medium-Hörer-Modells und so? Man darf jedenfalls objektiv festhalten, dass die Raveonettes sämtliche Songdemos im Zuge ihrer dreimonatigen Entstehung auf der Webseite von Vice Records zum Download stellten. Ihre Fans riefen sie auf, Kommentare abzugeben. Man lege Wert auf Meinungen von außen, schließlich solle das vierte Full Length "the best Raveonettes album to date" werden. Sowieso klar.

Nun darf man sicherlich den damit einhergehenden Verlust des Zaubers betrauern. Wenn der Rezipient sowohl per Webcam als auch per Voting am Produktionsprozess teilhat, wie viel Geheimnis bleibt und wie viel Handwerk wird? Und wie groß ist die Gefahr für den Künstler, sich seines eigenen Ausdrucks durch Klischees zu berauben? Das emigrierte Dänenduo hielt diese Gefahren offenkundig für kontrollierbar, wie schon der neckische Albumtitel suggeriert.

Am Ende konstatierte Bandboss Sune Rose Wagner ganz unbescheiden via MySpace: "It's sooooo good, I'm so proud of it, it has everything we love on it, darkness, sweetness, noise, gloom, sadness, weirdness and super catchy melodies!" Was vor jeder Detailkritik bestätigt werden muss. Wagner, seine singende Bassistin Sharin Foo und die unbekannte Menge x erweitern sich in und außer Kontrolle mit dem vierten Langspieler im Sinne selbstreferenzieller Evolution.

Natürlich reüssieren alle bewährten und gekonnten Stilmittel der Vergangenheit: Es gibt Surfer Fuzz all summer long wie zu besten "Chain Gang"-Zeiten ("Bang!"), zuckersüßeste Gesänge und Kanons zu morbiden Themen wir Vergewaltigung ("Boys Who Rape") und Tod ("Suicide") – schließlich stehen Wagner und Foo schwer auf die Synthpunks aus NYC – und auch tonale Düsternis à la "Attack Of The Ghost Rider": Wenn das Feedback-Massaker "Break Up Girls!" den Verstärkerturm durchlädt, erblasst die jüngste Shoegaze-Generation tatsächlich in Ehrfurcht.

Ihr Black Heart trägt der gemischte Zweier aber nie in irgendwelche Emo-Untiefen, sondern lässt Teenage-Überschwang und Herzbruch-Tristesse nahtlos nebeneinander posieren. Die bandtypischen Melodiebögen besitzen zwar enormen Wiedererkennungswert, klingen jedoch nie nach Mikrowelle. Die Raveonettes verstehen sich eben wie wenige darauf, Nostalgie ins Novelty-Bad zu tauchen und mit frischem Anstrich zu euphorisieren.

Natürlich predigt Sune Rose Wagner nach wie vor ausschließlich das Baby Baby Love Fool Break Up. Das aber mit einer potenzierten Catchyness und Schlagkraft, die das Überstück "Gone Forever" Ende 09 vermutlich in die Hitparaden des Jahres katapultiert: Gitarren mit ordentlich Hall auf der Spur brutzeln sich warm, dann pulsiert seine Stimme aus dem Hinterzimmer nach vorne und leitet über zu Sharins Engelsgesang nebst Schellenkranz und Distortion auf allen schaltbaren Kanälen.

"In And Out Of Control" setzt folglich konsequent an zum Feinschliff am bisherigen Œuvre - dabei übrigens mehr denn je auch auf forciertes Tempo. Elegische Zerbrechlichkeiten wie "Oh, I Buried You Today" haben dennoch Platz, Monotonie im Gegensatz zur oft schwülstigen Larmoyanz auf "Pretty In Black" aber keine Chance. Großer Pop braucht keinen Weichspüler, das beweisen die Raveonettes hiermit ein für allemal. Sie können ihren Jüngern dafür vermutlich gar nicht genug danken.

Trackliste

  1. 1. Bang!
  2. 2. Gone Forever
  3. 3. Last Dance
  4. 4. Boys Who Rape (Should Be Destroyed)
  5. 5. Heart Of Stone
  6. 6. Oh, I Buried You Today
  7. 7. Suicide
  8. 8. D.R.U.G.S.
  9. 9. Breaking Into Cars
  10. 10. Break Up Girls!
  11. 11. Wine

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Raveonettes,the – In and Out of Control €22,35 €3,00 €25,35

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT The Raveonettes

Die Neuentdeckung des Frühlings 2003 kommt nicht aus New York oder London. Kopenhagen ist die Heimat des Duos The Raveonettes. Neben der kleinen Meerjungfrau …

14 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Das is für mich belanglose Pop Musik

  • Vor 15 Jahren

    klappe zu!

    ok, zugegeben der opener "bang!" ist ein etwas zu offensichtlicher versuch, einen ohrwurm zu landen und ist damit zum scheitern verurteilt. der rest ist aber wirklich schöner indiepop im stile von the pains of being pure at heart. sound klingt auch so ein bißchen jesus & mary chain mäßig 'verschwurbelt'. dass sie dann aber doch nicht immer auf zuckersüß machen müssen, beweist das noisige, rifforientierte "break up girls", neben "gone forever" und dem optimalen albumausklang "wine" mein lieblingssong. auch cool: "boys who rape", "last dance"... texte sind schon ziemlich düster geraten, stehen nicht selten auch im kontrast zur grundstimmung(vor allem "boys who rape (should all be destroyed)":D) .

    schade, dass die bisher eher so an mir vorbeigegangen sind. immerhin schon ihr viertes album.

    album-stream (http://www.spinner.com/new-releases#/4) :phones:

    review von manthe ist auch gelungen. :)

  • Vor 15 Jahren

    So gar nicht meine Richtung.
    Nette Melodien aber nur langweiliges Dahingeplätscher.