laut.de-Kritik
Ein Happy End, das man auch Phil Spector wünscht ...
Review von Michael SchuhZwei Jahre ist es nun schon wieder her, seit die dänischen Raveonettes ihr Debütalbum ablieferten, das die weithin bereits durch eine EP hervor gerufene Annahme stützte, dass die Band eher für die Bühne geboren ist. Dies erkannten im selben Jahr auch die Strokes, die das Fuzz-Rock-Duo über den großen Teich in Amerikas große Hallen beorderten, wo Sune Rose Wagner und seine singende Bassistin Sharin Foo sicher einen ähnlich guten Eindruck hinterließen wie zuvor in unseren Breiten.
In einem Interview ließ Bandchef Wagner seinerzeit verlauten, dass seine Songs zwar noch nicht die Klasse der Strokes erreicht hätten, es sich mit seinen neuen Kompositionen aber genau umgekehrt verhalte. Auch in Sachen Großmäuligkeit eifern die Dänen ihrem erklärten Helden Marlon Brando eben kräftig nach, dessen '53er-Rebellen-Klassiker "Der Wilde" für das Cover des Raveonettes-Debüts maßgeblich Pate stand (sorry, der musste sein).
Tatsächlich hätte ich aber kaum für möglich gehalten, dass ausgerechnet die Band, die sich in der Tradition vernebelter 60er-Psychedelia-Combos mit rückkoppelnder Jesus & Mary Chain-Vorliebe plus The Cramps-Stottern suhlt, plötzlich den Fuß vom Reverb-Pedal nimmt, um weitgehend clean arrangierte Songs zu präsentieren. Was den nicht zu unterschätzenden Vorteil mit sich bringt, dass man nun sogar einzelne Tracks voneinander unterscheiden kann. Bestes Beispiel ist sicherlich die eingängige Single "Love In A Trashcan", ein rhythmisch an die Kinks erinnernder Rumpelrocker, wenngleich sauber produziert, dessen charmant heulendes Gitarrenmotiv jedoch sogar Ray Davies nostalgische Gefühle bescheren würde.
Die Roaring 50s stehen diesmal nämlich überdeutlich auf Herrn Wagners Liste, der seine 13 Favoriten aus satten 40 Demos selektierte. Trotz Werktreue klingt "Pretty In Black" vielschichtig genug, um in der Zukunft eine höhere Halbwertszeit als "Chain Gang Of Love" aufzuweisen. Vorlieben für Roy Orbison, Buddy Holly und Elvis Presley warten darauf, vom Hörer wieder erkannt zu werden, und ähnlich wie jüngst bei Oasis, macht das in der richtigen Umsetzung auch durchaus Spaß. Da mutiert "Unchained Melody" halt schon mal zu "Seductress Of Bums", und ob nicht doch die Everly Brothers als Verfasser der ebenso herzergreifenden Oberschnulze "Here Comes Mary" fungieren, dürfte in einer Welt ohne Booklets zu gar hitzigen Diskussionen führen.
Auch frühe Rock'n'Roll-Girlgroups wie die Shangri-Las oder die Ronettes feiern in "Ode To L.A." eine Wiedergeburt, und zwar derart originalgetreu, dass die R(ave)onettes sogar Phils Exfrau Ronnie Spector höchstpersönlich als Gastsängerin begeistern konnten. Dass ab und an auch Suicide-Keyboarder Martin Rev mit von der Partie ist, Velvet Underground-Ikone Moe Tucker mal wieder die Drumsticks in die Hand nimmt oder Sharin Foo mittlerweile ihren Bass an den Nagel gehängt hat, all das hört man so wenig, wie es von Bedeutung ist.
Und da den Raveonettes textlich nach wie vor die liebestechnischen Unwägbarkeiten heranwachsender Jugendlicher am Herzen liegen, wollen wir den Albumtitel nicht zuletzt aufgrund der dominierenden Coverfarbe mal als Reminiszenz auf die High School-Klamotte "Pretty In Pink" aus den 80ern deuten. Dort muss ein junges Ding aufgrund ihrer textilen Vorliebe für die scheinbare Unfarbe rosa von den bösen Mitschülern zunächst ganz schön einstecken, kämpft aber kompromisslos für ihren Stil und wird am Ende mit einem Abschlussball-Partner belohnt. Ein Happy End, das man eigentlich dem gerade mit Mordvorwürfen belasteten Phil Spector wünscht, auf dass der nach seinem Freispruch mal die beiden Dänen zu sich ins Studio bittet. Als echter Rocker sollte man sich diesen Besuch schon trauen.
9 Kommentare
Also, ich bin grade ziemlich begeistert. Draussen schüttet's, graue Wolken rotten sich zu neuen Schandtaten zusammen, und die Temperaturen fallen auch schon wieder. Das ist aber nicht der Grund, warum ich begeistert bin (heisse ja nicht portis oder ay! ).
Nein, der Grund sind diese dänischen Pophelden, die mir mit ihrem neuen Album den Sommer in die Wohnung zaubern! Da werden nach Herzenslust die 60er-Jahre umgepflügt, von zurückkehrenden Boyfriends geschmalzt und mit Schmackes den kommenden Beach-Parties gefröhnt... es ist eine wahre Freude!!!
"Love In A Trashcan" schrammelt so cool daher, dass das Bier auch an der heissesten Strandparty eisgekühlt bleibt; bei "My Boyfriend's Back" dürfen die Girls ohne Hemmungen schmachten, und "Somewhere In Texas" ist dafür besorgt, dass genügend staubige Wüstenatmosphäre da ist. Und wenn die gute, alte Ronnie Spector ("Be My Baby"... kennt jeder!) bei der "Ode To L.A." ihr berühmtes Oh-oh-oh erklingen lässt, gehen nochmal die Herzen auf... es ist WIRKLICH eine wahre Freude!
Ja, ich bin begeistert, aber nicht nur, weil das Album gerade zum richtigen Zeitpunkt bei mir eingetroffen ist, sondern weil's einfach saugut ist und Spass macht! Wollt ihr den Sommer? Holt euch die Raveonettes!
http://www.theraveonettes.com/
Klingt gut. Das vorangegangene Album mag ich.
"Be My Baby" ist mit drauf? Ein Schmachtklassiker!
Es kommen immer zuviele Sachen ´raus, die man haben möchte, aber alles kann man nicht kaufen.
Mal gucken...
*Raveonettes auf die Liste setz*
Nö, Be My Baby ist nicht drauf... aber mit Ode To L.A. ein ebenso schöner Titel! Frau Spector drückt dem Song halt ihre ganz persönliche Note auf!
ok dann ist die liste nu 16 namen dick
auf eine mehr oder weniger kommt's ja nun wirklich nicht mehr an!
16 Alben in einem Monat? Du must es ja echt Dicke haben. Ich würde mal gerne nen Foto von Deiner Plattensammlung sehen... Die muss ja echt gigantisch sein...
Zum Album: habe mir gerade mal die Videos angesehen auf der Page und die Soundschnipsel angehört. Kommt auf jedenfall auf meine To-Do-Liste. Doch vorerst noch auf einem der unteren Ränge... Kaiser Chiefs brauche ich am dringensten momentan