laut.de-Kritik
Auf aufregende Art und Weise anders.
Review von David HilzendegenPsychedelic Soul ist tot, es lebe Psychedelic Soul! So oder so ähnlich ließe sich das Debüt der Stepkids in einem Satz zusammenfassen. 30 Minuten dauert die intensive, in Acid getränkte Vermengung der letzten vier Jahrzehnte aus Funk, Soul, Groove und Synthies der Musikgeschichte. Dafür begann Stones Throw schon vor Monaten, peu à peu Schnipsel der neuen Label-Sensation ins weltweite Netz zu stellen.
Den Anfang machte "Shadows On Behalf", gefolgt von begeisterten Kommentaren bei YouTube, Soundcloud und in einschlägigen Blogs. Die Frage, ob die Stepkids die Erwartungen auf Albenlänge bestätigen können, stellt sich nun nicht mehr. Sie können. Wenngleich der Sound nicht jedes Ohr umschmeicheln dürfte.
Große Melodien kennt das Debüt ebenso wenig wie runde Harmonien. Die Platte ist vielmehr ein holpriges Stückwerk, das stellenweise zwar unfertig, aber auf aufregende Art und Weise anders wirkt. Eine klare Linie verfolgen The Stepkids zumindest auf den ersten Blick nicht. Wären sie rockiger, würden sie wahrscheinlich bei den Black Keys spielen, wären sie älter, würden sie die Bee Gees unterstützen und mit noch mehr Soul müssten sich Sly & The Family Stone warm anziehen. Diese Offenheit schafft Platz für Referenzen an die Beatles ("Suburban Dreams") und Motown ("Legend In My Own Mind"), für rollende Retrotunes ("Shadows On Behalf") und staubtrockenen, bärtigen Discopop ("Santos & Ken").
Erst nach mehrmaligem Hören steigt das Vergnügen an der Herausforderung, diese Verschmelzung althergebrachter Genregrenzen und Hörgewohnheiten zu entpuzzeln. Letztlich steigert sich selbst ein (vermeintlich) triviales Stück wie das von Glöckchen untermalte "La La" zum echten Hinhörer. Kopfhörer und entsprechende Stimmung sind Pflicht, will man das Experiment der drei Berufsmusiker aus Connecticut in seiner Gänze mitverfolgen.
Denn nichts anderes als ein Experiment ist das Debüt von Gitarrist Jeff Gitelman, Drummer Tim Walsh und Keyboarder Dan Edinberg, die sich ansonsten als Tour- und Studiomusiker von Alicia Keys, 50 Cent und bei Film und Fernsehen verdingen. Ein solcher Leumund ist wahrscheinlich auch nötig, um eine Platte wie The Stepkids zu machen. Szenefans dürften sie lieben. Für alle anderen bleibt Psych-Soul wahrscheinlich tot.
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