laut.de-Kritik
DIY-Rock'n'Roll für die Insta-Generation.
Review von Michael SchuhVielleicht gibt es junge Menschen da draußen, die die australische Band Go-Betweens zu ihren Lebzeiten verpasst und erst nachträglich Meisterwerke wie "16 Lovers Lane" schätzen und lieben gelernt haben. Menschen, die sich seither fragen: Wie gehe ich mit diesem Schicksal um, wie mache ich dieses Malheur der späten Geburt je wieder gut (außer durch den Kauf von Robert Forster-Soloplatten) und wo zum Geier gibt es 2019 eigentlich Bands, die so geil klingen wie 1984?
Nun, da sucht man am besten vor der Go-Betweens'schen Haustüre: The Stroppies kommen aus Melbourne, quasi um die Ecke von Brisbane. Musikhistorisch liegen dazwischen allerdings Welten: In Melbourne flaniert man über die AC/DC Lane, in Brisbane über die Go Between Bridge. Von daher waren die Stroppies wohl des öfteren auf Visite im Norden, denn "Whoosh!" atmet den Sound der 80er-Indie-Heroes, denen der große Erfolg zeitlebens versagt geblieben ist. Es rumpeln die Gitarren im klassischen Jangle-Sound der damaligen Zeit und mit Claudia Serfaty haben sie wie die Go-Betweens eine Frau mit dabei, die den ohnehin melodiösen Cocktail im Paargesang veredelt.
Gegründet hat sich die Band der Legende nach 2016 an einem Küchentisch und damit exakt zehn Jahre nach dem tragischen Tod von Go-Betweens-Songwriter Grant McLennan. Ja, ich werde sentimental, aber vielleicht ist das alles ja gar kein Zufall. Es ist jedenfalls schön zu sehen, dass es noch junge Bands gibt, die sich diesem rauhen, urtümlichen Soundbild ungeniert verpflichten, obwohl der ungeübte Hörer spontan glauben könnte, für den Produzent hätte das Geld nicht mehr gereicht. "Nothing At All" zieht ab wie Forster und McLennan vor 40 Jahren, das knorrige "Present Tense" legt danach gleich einige schlaue Manöver im Songwriting offen.
Der zum Glück nur sporadische Einsatz einer Orgel passt sich den Songs angenehm an und fördert in "First Time Favourites" die Erinnerung an den längst verdrängten Nuller-Hit "Jerk It Out" der Caesars zutage. Wie selbstbewusst das Quartett nach einer einzigen EP-Veröffentlichung schon ist, lässt sich einerseits am einfallslosen Albumcover samt Titel oder eben an mühelos hingeworfenen Hit-Licks wie in "Cellophane Car" oder der Velvet Underground-Hommage "Switched On".
So wie die Go-Betweens einst den Link zu genannter Combo um Lou Reed offen legten, verschleiern auch die Stroppies ihre Einflüsse keineswegs. Wer mit dem Namen Guided By Voices noch etwas anfangen kann, dürfte die Stroppies eventuell ebenso liebgewinnen wie Pavement-Fans, denen die elektronischen Verrenkungen von Stephen Malkmus derzeit eine Spur zu Avantgarde sind. Hier geht es noch um DIY-Rock'n'Roll für die Insta-Generation. Whoosh!
1 Kommentar
super!