laut.de-Kritik

Die Briten bringen dem Folk Nüchternheit bei.

Review von

This Is The Kit und The National haben mehr gemeinsam, als man zunächst annehmen könnte. Auch wenn die eine Band inzwischen Stadien füllt und vor Rockismen nur so strotzt und die andere Geheimtipp bleibt. Zu Beginn ihrer Karriere hatten The National mit einem lächerlichen Problem zu kämpfen: Oft übertönte das Publikum ihre leisen, bedachten Americana-Klänge. Auflösungsgedanken folgte die musikalische Umorientierung – und die Beharrlichkeit zahlte sich schlagartig aus.

In einem ähnlichen Stadium wie The National damals befinden sich heute This Is The Kit. Das Kollektiv um Sängerin Kate Stables, dem einzigen permanenten Bandmitglied, hat mit "Bashed Out" schon die dritte Platte am Start, die durchweg aus der verkorksten Masse anFolk-Musik heraussticht. Americana, Country, slighter Blues: All das findet sich im britischen Winchester wieder.

"Bashed Out" klingt wie eine reingewaschene, samtig aufgeschlagene Version von The Nationals zweiter Platte "Sad Songs For Dirty Lovers". Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Vor einiger Zeit traf Stables auf die New Yorker, worauf This Is The Kit auf deren Label Brassland unterschrieben und den Support auf der Europa-Tournee zum letzten National-Album spielten. Nun produzierte National-Gitarrist Aaron Dessner den Langspieler der Briten.

Das ist genau deshalb nicht zu vernachlässigen, weil die Produktion Dessners das Songwriting Stables' konsequent reduziert und auf den Punkt bringt. Die Songs auf "Bashed Out" werden meist getragen von dezent gezupfter Akustikgitarre. Drum herum bildet eine Batterie an Percussion, Saiteninstrumenten, Orgeln und dezenten Synthies einen eher mystischen Sound. Eine metallisch klingende E-Gitarre öffnet im zuerst schwermütigen Opener "Misunderstanding" schließlich das Tor zum Album.

Im sanften Narrativ "Silver John" ähnelt Stables' Stimme einer weniger künstlichen, aber ebenso akribischen Annie Clarke. Hier schwimmt Emotion mit, aber eben in keiner Weise aufgebläht, sondern aufrichtig. This Is The Kit bringen dem Folk – ähnlich wie vor Kurzem Sufjan Stevens – wieder Nüchternheit bei.

Die Briten verzichten hierbei nicht auf Momente, in denen die helle Stimme Stables' melodiös ihre Texte intoniert und direkt im Ohr platziert. Ihre repetitiven Textbausteine lässt Stables mit dem Rhythmus der Songs spielen, so dass sie keine Phrasen bleiben. Besonders fällt hier "Magic Spell" auf, das tatsächlich klingt wie ein weit fröhlicherer Bruder eines künftigen The National-Stücks: melancholisch, aber keinesfalls weinerlich, sondern eine beruhigend und erhaben.

Warum This Is The Kit selbst in der Post-Mumford-Ära nicht zu größerer Bekanntheit kommen? Ein schändliches Rätsel! Vielleicht tut es aber gerade dann gut, auf den Rat Aaron Dessners zurückgreifen zu können: Nach drei nahezu perfekten, aber kommerziell wenig erfolgreichen Platten standen The National im Jahr 2007 vor dem Aus. Inzwischen entwickelten sie sich zum Archetyp der postmodernen Rockband. Bleibt zu hoffen, dass es für die Briten ähnlic erfolgreichh weitergeht.

Trackliste

  1. 1. Misunderstanding
  2. 2. Silver John
  3. 3. Spores All Settling
  4. 4. Magic Spell
  5. 5. Bashed Out
  6. 6. All In Cahoots
  7. 7. Nits
  8. 8. Vitamins
  9. 9. We Are In
  10. 10. Cold And Got Colder

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1 Kommentar

  • Vor 9 Jahren

    "verkorksten Masse an Folk-Musik heraussticht"

    Wie lange wollt ihr eigentlich dieses billige Klischee noch bedienen? Als ob das in irgendeinem Genre anders wäre. Unterschwellige Nebenwirkung der Mumfordschen SWR3-Folter?

    Naja, This is the Kit werden längerfristig vermutlich keine großen Wellen schlagen, auch wenn das Album ganz gut ist, da fehlt einfach das Stück Qualität, die Songs auch außerhalb des direkten Zuhörens nachwirken zu lassen.