laut.de-Kritik

Ein Schatten seiner selbst: im Bierzelt nachts um halb Vier.

Review von

Tom Morello, sozialkritischer Aktivist und Gitarrenheld der Neunziger, nutzte die Zeit im Lockdown, "The Atlas Underground" einen zweiten Teil folgen zu lassen. Hier wie dort wartet eine Wundertüte an stilistisch unterschiedlichen Songs, deren Bindeglied Morellos Name ist. Denn musikalisch hält die Songs nichts zusammen.

Das bereits bekannte AC/DC-Cover "Highway To Hell" mit Bruce Springsteen und Pearl Jam-Fronter Eddie Vedder klingt wie eine Bierzelt-Nummer nachts um halb Vier. Der Sound ist dünn, das Riff hüftsteif gespielt, insgesamt eine Beleidigung von Bon Scott, Angus und Band. Konsequenterweise vergisst Morello das Solo auf halbem Weg zur Theke.

Bring Me The Horizon stehen mit ihrem Namen Pate für "Let's Get The Party Started", einer netten Abgehnummer in der Tradition von Rage Against The Machine, der aber jegliche Relevanz der ehemaligen Stammformation von Morello abgeht. Morello, ein Schatten seiner selbst. Mit Blick auf das Cover, das ein Dickhäuter ziert, lässt sich konstatieren, dass der Gitarrist wie ein Elefant im Porzellanladen seiner eigenen Geschichte herumtrampelt.

"Driving To Texas" mit Phantogram ist flirrender Postrock mit reichlich elektronischer Untermalung. "Night Witch" und das hypnotisch rippige "On The Shore To Eternity" stehen für die ruhige Seite auf "The Atlas Underground Fire". Chris Stapleton steht bei der E Street-affinen-Nummer "The War Inside" hinter dem Mikro. "Hold The Line" und "Charmed Im Sure" dominieren Signature Single Note-Riffs, die der 57-jährige zwischen einem Smoothie und einem veganen Sandwich aus dem Ärmel schüttelt.

Wenn zwei Revoluzzer gemeinsame Sache machen, dann muss es richtig krachen. Denkste! "Save Our Souls" mit Refused-Kreischkünstler Dennis Lyxzen ist ziemlich mao und wirkt so anrüchig wie ein Cuba Libre auf einer Festveranstaltung für Investment-Banker. Das im Hip Hop wurzelnde "Naraka" schwingt zwischen reizend und reizarm. "The Achilles List" mit Damian Marley wirkt dann wie eine verunglückte Mischung aus Dubstep und Grand Theft Auto.

Entsprechend stehen auf der Habenseite insbesondere die ruhigen, elektronischen Stücke. Die Songs mit hartem Kern und ruppiger Gangart wirken hingegen wie eine Karikatur der früheren Großtaten.

Trackliste

  1. 1. Harlem Hellfighter
  2. 2. Highway To Hell (feat. Bruce Springsteen & Eddie Vedder)
  3. 3. Let's Get The Party Started (feat. Bring Me The Horizon)
  4. 4. Driving To Texas (feat. Phantogram)
  5. 5. The War Inside (feat. Chris Stapleton)
  6. 6. Hold The Line (feat. Grandson)
  7. 7. Naraka (feat. Mike Posner)
  8. 8. The Achilles List (feat. Damian Marley)
  9. 9. Night Witch (feat. Phem)
  10. 10. Charmed I'm Sure (feat. Protohype)
  11. 11. Save Our Souls (feat. Dennis Lyxzen of Refused)
  12. 12. On The Shore Of Eternity (feat. Sama' Abdulhadi)

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