laut.de-Kritik
Jazz- und Funk-Electronica frisch aus dem Second Hand-Laden.
Review von Michael SchuhWo Crippled Dick drauf steht, ihr ahnt es schon, ist auch Crippled Dick drin. Wer Platten des Berliner Labels kauft, weiß, dass dort Klang-Archäologen mit Verstand und viel Herz zu Werke gehen. Schon auf früheren Heldentaten ("Shake Sauvage"-Sampler) förderten sie Melodien zu Tage, deren Soundtrack-Väter man heute nur noch für teures Geld erstehen kann, in der Regel kennt man sie erst gar nicht.
Für "Les Chansons Perverts" wurde wieder eifrig in Second Hand-Plattenläden von Berlin bis L.A. gewildert. Die teilweise bis 30 Jahre alten Rare Groove-Tunes wurden mit unveröffentlichten Electronica-Nummern der Jetzt-Zeit zusammen gewürfelt. Einiges ist spannend geraten. Den Rhythmus-Killer des Albums liefert das betagte Mystic Mood Orchestra. Kein Wunder: die funkige Bassline von "Cosmic Sea" blubberte irgendwie auch schon bei Kruder & Dorfmeister. Das Original entstand 1978!
Oldies but verschollen geglaubte Goldies auch "Sugar Cane" aus dem 70er Psycho-Sex-Schinken "Vampyros Lesbos" und der Opener "Come In My Mouth", auf dem eine verführerische Frauenstimme schmachtend so manch schmutzige Fantasie intoniert. Man beachte die stete Steigerung: "You taste so good". Yeah! "Come In My Mouth". Was? "Fuck Me". Öhm, keine Zeit.
Brunos "Chase Of Death" aus dem Film "Hells Angels 69" ist ein eher wirr rumorendes Querflötenirgendwas. Anubian Lights, Seksu Roba und vor allem Higher Than God und Dodo zeigen, wie nah die Tanzfläche sein kann, wenn Jazz- und Funk-Elemente mit modernen Beats unterfüttert werden. Der Abschlusstrack "A Fistful Of Acid", eine Kreuzung aus "La Boum"-Schwulst, Paul Young und dem Charme von Keyboard-Lern-CDs ist, naja, amüsante Kurzweil. Wie dieses Album.
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