laut.de-Kritik

Karaoke-Party mit Kiss, Billy Joel, Bob Dylan u.v.a.

Review von

Bereits 2003 trat der Hollywood-Soundtrack-Produzent Ralph Sall an Paul McCartney mit der Idee eines Tributealbums heran. Elf Jahre später liegt das fertige Produkt vor. Eine lange Zeit, doch verständlich angesichts der beeindruckenden Liste an teilnehmenden Interpreten.

Wobei viele kaum mehr tun mussten, als am Mikro zu stehen und vielleicht noch ein bisschen auf Gitarre oder Klavier klimpern. Denn Sall verpflichtete kurzerhand McCartneys Backing-Band, bestehend aus Rusty Anderson und Brian Ray (Gitarren), Paul Wickens (Keyboards) und Abe Laboriel Jr. (Bass). Wer McCartneys Liveauftritte oder –aufnahmen aus diesem Jahrtausend kennt, wird musikalisch also kaum Überraschendes finden.

Im Guten wie im Schlechten. Sogleich positiv fallen die Interpretationen Billy Joels auf, der bei den Krachern "Maybe I'm Amazed" und "Live And Let Die" natürlich in die Tasten seine Klaviers haut. Exzellent auch Bob Dylans schnoddrige Version des frühen Beatles-Stücks "Things We Said Today", Cat Stevens' (Yusuf Islams) sehnsüchtiges "The Long And Winding Road", Barry Gibbs' angejazztes "When I'm 64" und Jamie Cullums engagiertes "Every Night".

Solide zeigen sich Gene Simmons und Paul Stanley, (Kiss), die sich am Mikrophon in "Venus And Mars / Rock Show" abwechseln, während Def Leppard im heimischen Studio in Dublin gleich alles selbst gemacht haben und mit "Helen Wheels" ihr bestes Stück seit Jahrzehnten liefern. Großen Einsatz zeigt auch Roger Daltrey, der sich in "Helter Skelter" die Seele aus dem Leib brüllt wie zu seinen besten Zeiten bei The Who.

Enttäuschend fallen dagegen Brian Wilsons piepsiges und unglücklich verbeachboytes "Wanderlust" aus sowie ein uninspiriertes "Hello Goodbye" von The Cure mit Pauls Sohn James McCartney. Absoluter Höhepunkt des Albums ist ausgerechnet McCartneys abgedroschenstes Lied - "Yesterday". Doch Willie Nelson und seiner treuen Gitarre Trigger gelingt es, dem Zuhörer Tränen der Sehnsucht in die Augen zu treiben.

Auf der zweiten CD bleibt besonders Alice Cooper hängen, der auf "Eleanor Rigby" eine ungewohnt klare Stimme an den Tag legt und ganz anders klingt als der kajal-verschmierte König des Grand Guignol, den er auf der Bühne mimt. B.B. King klingt dagegen wie immer, also auch gut.

An der Wahl der Stücke, die meisten Allgemeingut, manche aber eher unbekannt, gibt es kaum etwas zu meckern. Dass sich niemand an "Blackbird" oder "Here, There And Everywhere" getraut hat, überrascht aber. Ansonsten fällt auf, dass der Anteil an jungen Musikern zu gering ausfällt und der ausgedienter Haudegen umso größer.

Heart, Steve Miller, Chrissie Hynde, Dr. John, Cheap Trick – war das wirklich nötig? Zumal Millers US-Akzent überhaupt nicht zu "Hey Jude" passt. Perry Farrell ist sicherlich auch nicht mehr ein Newcomer, gehört aber schon fast zu den jüngsten.

Gerichtet ist dieses Tribute offenbar an diejenigen, die zu den Zeiten von McCartneys größten Erfolgen aufgewachsen sind und die Garde betagter Musiker kennt. Neben der Doppel-CD als Basisversion stehen neben Downloads auch umfangreichere Ausgaben mit acht weiteren Stücken bereit, von denen Booker T. Jones' instrumentale Version von "Can't Buy Me Love" am ehesten überzeugt. Bunt fällt die Vinyl-Ausgabe mit vier LPs aus, exklusiv das Deluxe-Paket mit Buch und persönlicher Signatur des verantwortlichen Produzenten.

Ein Produkt also, das sich im heimischen Regal durchaus gut macht. Wen einzig die Musik interessiert, kann durchaus auf das exzellente "Wings Over America" zurückgreifen. Oder auf die späteren Livemitschnitte "Tripping The Live Fantastic" (1990) oder "Back In The World" (2003). Die beiden Letzteren sind im Prinzip auch nur Karaoke-Partys - dafür aber mit McCartney selbst.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Maybe I'm Amazed - Billy Joel
  2. 2. Things We Said Today - Bob Dylan
  3. 3. Band On The Run - Heart
  4. 4. Junior's Farm - Steve Miller
  5. 5. The Long and Winding Road - Yusuf / Cat Stevens
  6. 6. My Love - Harry Connick, Jr.
  7. 7. Wanderlust - Brian Wilson
  8. 8. Bluebird - Corinne Bailey Rae
  9. 9. Yesterday – Willie Nelson
  10. 10. Junk – Jeff Lynne
  11. 11. When I'm 64 – Barry Gibb
  12. 12. Every Night – Jamie Cullum
  13. 13. Venus And Mars/ Rock Show – KISS
  14. 14. Let Me Roll It – Paul Rodgers
  15. 15. Helter Skelter – Roger Daltrey
  16. 16. Helen Wheels – Def Leppard
  17. 17. Hello Goodbye – The Cure ft. James McCartney

CD 2

  1. 1. Live And Let Die – Billy Joel
  2. 2. Let It Be – Chrissie Hynde
  3. 3. Jet - Robin Zander & Rick Nielsen of Cheap Trick
  4. 4. Hi Hi Hi - Joe Elliott
  5. 5. Letting Go - Heart
  6. 6. Hey Jude - Steve Miller
  7. 7. Listen To What The Man Said - Owl City
  8. 8. Got To Get You Into My Life - Perry Farrell
  9. 9. Drive My Car - Dion
  10. 10. Lady Madonna - Allen Toussaint
  11. 11. Let 'Em In - Dr. John
  12. 12. So Bad - Smokey Robinson
  13. 13. No More Lonely Nights - The Airborne Toxic Event
  14. 14. Eleanor Rigby - Alice Cooper
  15. 15. Come And Get It - Toots Hibbert with Sly & Robbie
  16. 16. On The Way - B.B. King
  17. 17. Birthday - Sammy Hagar

Bonus Tracks

  1. 1. C Moon - Robert Smith
  2. 2. Can't Buy Me Love - Booker T. Jones
  3. 3. P.S. I Love You - Ronnie Spector
  4. 4. All My Loving - Darlene Love
  5. 5. For No One - Ian McCulloch
  6. 6. Put It There - Peter, Bjorn & John
  7. 7. Run Devil Run - Wanda Jackson
  8. 8. Smile Away - Alice Cooper

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