laut.de-Kritik
Über allem schweben Assoziationen zu Linkin Park.
Review von Jan HassenpflugAn Endzeitstimmung mangelt es We Came As Romans nicht, wenn man den Titel ihres neusten Werks für sich sprechen lässt. Nun ist das Drama um die amerikanische Metalcore Band keine Pseudo-Spinnerei, um das Emo-Image zu pflegen. Mit dem tragischen Verlust ihres Sängers Kyle Pevone, der mit 28 an einer Überdosis stirbt, müssen die Jungs 2018 einen Schicksalsschlag wegstecken, an dem viele Bands zerbrochen wären. Plötzlich fehlt die Stimme, die den Sound über Jahre ausgezeichnet hat. Doch der Schmerz kann auch ungeahnte Kräfte freisetzen, um das Geschehene aufzuarbeiten.
Zuvor eigentlich nur für das harte Gegrunze zuständig, schafft sich David Stephens, die zweite Stimme der Band, auch die weicheren Gesangseinlagen drauf. Vier Jahre nach Pevones Tod erscheint mit "Darkbloom" 2022 eine Fortsetzung der Diskografie. Der energetische Mix aus Wut und Trauer birgt kathartisches Potenzial. Aber was kommt danach? Wieder drei Jahre später sind die Emotionen nicht mehr ganz so frisch, die Gedanken kreisen weiter. Hin- und Hergerissen zwischen Hoffnung und Aussichtslosigkeit lautet die Devise: "All Is Beautiful... Because We're Doomed".
So individuell die Geschichte der Band aus Michigan auch sein mag, ihre Erzählung wächst auf ihrer zweiten Platte nach der tragischen Zäsur leider immer mehr zum Flickenteppich aus bereits bestehenden Narrativen zusammen. Über allem schweben Assoziationen zu Linkin Park, sowohl was den schmerzlichen Verlust des Protagonisten betrifft, als auch akustisch. Stephens rückt in Songs wie "One By One", "Circling A Dying Sun" oder "Knowing Pain" stimmlich so nah an Chester Bennington, dass der Vergleich einem direkt vor die Füße fällt.
Fair enough, mit derlei Neu-Auflagen des Nu-Metal-Sounds sind die Amerikaner nicht alleine. Bad Omens, Architects oder Bring Me The Horizon haben sich längst in den einstigen Klangwelten von Linkin Park und Co. eingerichtet. An der Schwelle zur plumpen Kopie haben sie es alle geschafft, ein Stück eigene Identität zu wahren. We Came As Romans schwimmen bloß mit, reihen sich klanglich nahtlos ein, ohne dabei ihr Profil zu schärfen.
"Bad Luck" klingt nicht nur wegen des Intros, als hätte es bereits auf einem Bring Me The Horizon-Album Platz gefunden, fetzt aber wirklich ordentlich. Für "No Rest For The Dreamer" drängen sich penetrant Gemeinsamkeiten mit den Architects auf. Einzig Stephens tiefere Growls sorgen für Abgrenzung. Stücke wie "Lake Of Fire", "B2TM" oder "Red Smoke", die ziemlich plakativ danach schreien, härtere Bandagen anzulegen, sind bis zur Unkenntlichkeit glatt produziert. Selbst wenn es sie gibt: Ehrliche Emotionen haben keine Chance, die dicken Mauern aus elektronischen Samples zu durchdringen.
Währenddessen nimmt die dunkle Grundstimmung eher krampfhaft überhand, als dass sie sich natürlich ausbreitet. Das bedrohliche Spiel aus Licht und Schatten manifestiert sich in "Circling A Dying Sun". Eine dystopische Soundkulisse baut sich auf, dazu Gesangsmelodien, die handzahm in Richtung Alternative Rock schielen. "I always knew the end would come. I'll watch it go and drift alone." Der niemals enden wollende Strudel aus Selbstzweifeln gehört zum generischen Inventar. Die persönliche Note bleibt verschüttet. Zu berechenbar stülpt sich das Songwriting über jede Zeile.
So nimmt die Platte ihren Lauf. Die ein oder andere Sing Along-Melodie blitzt auf. Schließlich reißen Songs wie "One By One", "Bad Luck" oder "Knowing Pain" durchaus mit. Trotzdem hält sich die Lust in Grenzen, ein zweites Mal reinzuhören. Wahrscheinlich weil es nur eine vage Hoffnung bleibt, etwas Neues zu entdecken. Alles schonmal da gewesen.
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