laut.de-Kritik
Melancholie statt Synthie-Zirkus.
Review von Stefan JohannesbergDer gemeine Trap Rapper kokst 2013 nicht nur im Club, vertickt massenweise Molly-Pillen oder ballert besoffen aus dem Auto, nein die ganz großen der Zunft erheben verrückte Storys (Gucci Mane) oder pathetisches Straßenleben (Young Jeezy) zur Kunstform. Yo Gotti aus Memphis, mittlerweile ebenfalls in der Riege der Superstars angekommen, steht ganz klar in der Tradition von Snowman Jeezy.
Auf seinem sechsten Album "I Am" flowt er zackig und kehlig und holt sich melancholische, straighte Banger, statt einen Synthie-Zirkus zu veranstalten. Den überraschend samplelastigen Opener legen die sowieso völlig unterbewerteten Cool & Dre in die Aufnahmekabine, während Yo in präganten Vier-Zeilern seinen Aufstieg beleuchtet. "I used to save pennies now i stay next door to Penny / Hardaway nigga got my meals the harder way / Selling crack music now i run some smarter ways / Exit the game and got rich that's a fade-away".
Das poppige "Don't Come Around" versinkt noch weiter in Einsamkeit, als Yo Gotti alle Feinde, Faker und Frauen warnt, was heißt, mit ihm zu ficken. Besonderes letzteres widmet er eine ganze Strophe. "Half naked pictures, but you lookin' for a gentleman / Instagram your whole life after the pull of trying to get your followers up / Sold your soul to the internet / Damn, damn right it's a cold world". Selbst "I Know" - die folgende, mittlerweile wohl achte Adaption von Luniz' "I Got Five On It" - reiht sich in die herbstlich-winterliche Grundstimmung ein. Droppten Meek Mill und Jadakiss auf ihrem Coverbeat noch Juwelen, wirken Gotti und Rich Homie Quan fast zerbrechlich und zurückhaltend.
Das steht dem Memphis-Emcee doch echt gut. Wer braucht neben Gucci Mane, Young Scooter und Co auch den dritten Drogenkönig? Eben, keiner. Yo Gotti wandert in den besten Momenten gar zwischen Young Jeezy und Eastcoast Lyricist. So wie auf dem souligen "Pride To The Side" oder dem J Cole-Feature "Cold Blood". Hier sampelt Produzent Canei Finch mit "Memories of Scirocco" von Chuck Mangione gar den gleichen Track wie Bronze Nazareth für Rzas "A Day To God Is A 1000 Years". Weiter vom Trap entfernen, kann man sich eigentlich nicht. Da stört es auch nicht, dass J Cole den Track an sich zieht, wie ihn die Blicke von Studentinnen aus.
Natürlich kann und will Gotti nicht auf die klassischen Auf-die-Fresse-Tunes und den Tough Talk verzichten. In "Lebron James" post er eben wie der Größte ever - "I got buckles on my shoes and they gold bitch / Open my doors in reverse, this that Rolls bitch". Auf dem wirren Elektro-Rock-Song "King Shit" folgt ihm dann TI mit Monsterflow und ähnlicher Haltung – "Pay 10 million for a mansion / that worth more than your opinion". Der Single-Hit "Act Right" kopiert mit Cloud-Sounds und DJ Mustard-Heys den angesagten Westcoast-Sound und "Fuck You" wummert sich minimalistisch aber süchtig machend zur Hymne des Albums. Eines Albums, das zwar kein Klassiker geworden ist, aber extrem gut und kurzweilig.
1 Kommentar
King Shit und I know brettigst. Review geht klar, kurzweilig trifft es aber besser als extrem gut.