laut.de-Kritik
Schnell und hart: selbst fürs Berghain zu wild.
Review von Stefan MertlikKünstler_innen wie Mykki Blanco und Le1f etablierten Queer-Kultur im Laufe der vergangenen Dekade auch im Hip Hop-Mainstream. Zebra Katz, der 2013 mit dem Song "Ima Read" vor dem Durchbruch stand, lehnte sich trotzdem zurück. Statt sich für fünf Minuten durchs Dorf treiben zu lassen, veröffentlichte er Mixtapes und EPs unter dem Radar. Als 2017 ein intensiver Flirt mit den Gorillaz entfachte, musste das geplante Debütalbum erneut hinten anstehen.
Dass "Less Is Moor" acht Jahre nach der ersten Mischkassette "Champagne" erscheint, hat die Geduld der Anhängerschaft enorm beansprucht. Die Geduldigen werden nun allerdings belohnt. Zebra Katz blieb sich bis heute treu. Die Platte lebt zwar vom Hochglanz-Einfluss der Red Bull Music Academy, dreckige Mach-es-selbst-Einstellung trieft dennoch aus jedem Takt.
"I got so fucking high last night / I kicked myself out of Berghain", freestylet der aus Florida stammende Rapper in "Zad Drumz". Das Nachtleben spielt auf "Less Is Moor" eine große Rolle. Katz weiß aber auch, dass er nicht das Etikett "Otto-Normal-Bürger" trägt. Er beschäftigt sich mit seiner Sexualität und seiner Hautfarbe. Dabei schlüpft er nicht in die Opferrolle, sondern holt sich, was ihm zusteht: "Blackface, war paint / Throw a hex on 'em."
Die Instrumentale sind schnell und hart. Entsprechend kurz fallen die Zeilen aus, die Katz rappt. Deshalb klingen die Texte häufig kryptisch. Dass dieser Mann eine Botschaft hat, steht trotzdem nie außer Zweifel, dafür wirkt die Musik zu bedrohlich. In harmlosen Momenten steht der Bass auf der Kippe zum Noise. Bricht die Hölle endgültig los, ist Gabber nicht mehr weit.
Dank seiner markanten Stimme geht Zebra Katz in diesem lauten Sound nicht unter. Tief und brummig setzt sie den synthetischen Klangelementen ordentlich Volumen entgegen. In einer Mischung aus Sprechgesang und schnellem Reden pendelt sich Katz irgendwo zwischen Del Tha Funkee Homosapien und Ho99o9 ein.
"Less Is Moor" besitzt eine gleichbleibende Klangästhetik. Bass und Drums stehen dabei im Mittelpunkt. Ausreißer wie Flöten ("Sleepn") und Trillerpfeifen ("In In In") fallen sofort auf. Langweilig wird es trotzdem nicht, da Katz mit Tempowechseln und unterschiedlichen Rhythmen arbeitet. Auch die Intensität seiner Stimme passt er an das jeweilige Instrumental an.
Zebra Katz ist durch und durch Künstler. Seine Musik versteckt sich trotzdem nicht hinter abgehobener Exklusivität und anspruchsvollen Hörgewohnheiten. "Less Is Moor" drückt stets mit unverschämt viel Bass auf die Tanzfläche: "All I wanna do is keep the dance floor jumping / And that ass bump bumping, hands clapping, feet stomping."
Noch keine Kommentare