laut.de-Kritik
Zwischen PJ Harvey und der Sonne der Karibik.
Review von Toni HennigMit "All The Way To Rio" besann sich Anna Ternheim vor knapp zwei Jahren ihrer Stärken und legte prompt ihr bestes Album seit dem Debüt "Somebody Outside" vor. "A Space For Lost Time" schlägt nun poppigere Töne an.
So treibt die Tracks zwar oft eine energische Gitarre an, hier und da von nachdenklichen Piano- und Streicher-Tönen begleitet, aber insgesamt erweist sich die Musik im Vergleich zum Vorgänger zugänglicher. Dass die Platte dennoch größtenteils nicht in allzu seichte Gewässer abgleitet, liegt daran, dass es die in New York lebende Sängerin und Musikerin versteht, eine ausgewogene Balance zwischen treibenden ("Everytime We Fall", "Remember This") und ruhigen ("When You Were Mine", "Stars", "Walk Your Own Way") Stücken zu finden.
"This Is The One" plätschert zwar mit zurückgenommenen Piano- und Saitenklängen, flächiger Elektronik und dem unaufdringlichen Gesang etwas zu ereignislos vor sich hin. Aber spätestens mit dem zuversichtlichen Refrain von "You Belong With Me" entfaltet das in Los Angeles eingespielte Album sein Potential. Sie habe "mehr Sonnenschein mit einbringen wollen", sagte die 41-Jährige kürzlich in einem Interview für den MusikBlog, sich von einer gewissen "nordischen Atmosphäre" aber trotzdem nicht lossagen können.
Doch dann experimentiert Anna in "All Because Of You" mit karibischen Einflüssen - zu Lasten ihrer Authentizität. Die Nummer wirkt zu aufgesetzt fröhlich und passt nicht zu ihrer Musik. Abgesehen von diesem Totalausfall sowie dem etwas unglücklichen Einstieg liefert Ternheim aber hochwertigen Pop mit Singer/Songwriter-Flair, der eher nach schwedischer Bescheidenheit denn Millionen-Metropole tönt.
Die Musikerin hat es auch nicht verlernt, Ohrwürmer zu schreiben, etwa "Remember This": Unterstützt von schnörkellosem Gitarrenspiel und sanfter Elektronik spricht die einfache Schönheit der Melodie für sich. Auch das geradlinige "Everytime We Fall" prägt sich mit harmonischen Streichern ein. Der Rhythmus von "Lost Times" erinnert dann an die Beatles.
"When You Were Mine" klingt mit perlendem Klavier und dramatischen Streichern gewohnt bodenständig. In "Oh Mary" zeigt sie mit tiefer gestimmter Gitarre und lässigem Gesang dann eine noch unbekannte Facette: Das erinnert fast schon an PJ Harvey und macht das Karibik-Experiment so gut wie vergessen "A Space For Lost Time" ist sicher nicht Ternheims beste Platte, aber eine recht entspannte und vor allem routinierte. Beim nächsten Mal dann trotzdem bitte wieder mehr Kante.
1 Kommentar
Gut.
Wie immer.