laut.de-Kritik

Nicht mehr der Song an sich, die Umsetzung steht im Vordergrund.

Review von

Vor diesem Album bekannte sich Produzent und Queens Of The Stone Age-Frontmann Josh Homme als Fan der Band und lud sie ins Studio ein. Die Reise ging vom englischen Sheffield nach Joshua Tree, Kalifornien. Mitten in die Wüste. Kaum passender könnte man die Entwicklung vom Debüt bis hin zur aktuellen Platte "Humbug" beschreiben. "Du kannst nicht in der Wüste aufnehmen, ohne von ihr beeinflusst zu werden", bringt es Gitarrist Jamie Cook im Rolling Stone auf den Punkt.

Die Kollaboration ist – zumindest bei den von Homme produzierten Songs - deutlich hörbar. Das Debüt der Engländer klang, im Gegensatz zu Humbug, genau so wie es hieß: "Whatever People Say I Am, That's What I'm Not" war laut, rebellisch und ungebändigt. Auf "Humbug" klingt kein Song hingerotzt, nichts mehr spontan. Alles ist von vorne bis hinten durchdacht, geradezu ausgeklügelt – und klingt trotzdem zu keinem Zeitpunkt verkopft oder gestelzt.

Für drei Songs, darunter "My Propeller", ließ sich die Band noch einmal von Simian Mobile Disco-Mitglied James Ford produzieren. Eine Weiterentwicklung ist trotzdem erkennbar.

Die Single "Crying Lightning" verdeutlicht den Einfluss Hommes: da dominieren schwere Gitarren-Riffs, Poser-Solos, ein dynamisches Schlagzeug, Tom Morello-Tremolo-Licks und tiefe Bassläufe das musikalische Klangbild. Dass der Sound trotzdem nie nach astreinem Stoner-Rock klingt, ist wohl vor allem Alex Turners unverkennbarer, charakteristischer Stimme zu verdanken.

Über "Potion Approaching" freut sich wohl jeder, der gern gesehen hätte, wenn die Band einfach noch mal ihr Debüt aufgenommen hätte. Auch "Pretty Visitors" rumpelt nach ungewohnt epischem Orgel-Intro gewohnt stolpernd los. Ein simpler Schlagzeug-Takt, ein einfachgehaltenes Gitarrenriff und ein treibender Bass bilden ein Fundament, auf das Turner seinen abgehakt hektischen Sprechgesang legt. Neu ist der mehrstimmige, fast schon hymnische Gesang im Refrain.

Völlig unerwartet wirft sich dann "Cornerstone" in Schale, holt zur großen, einladenden Geste aus und schlendert elegant die Showtreppe hinab. Darf aber ruhig ein bisschen dick auftragen, ist schließlich das Album-Highlight. Dass Turners Neben-Projekt Last Shadow Puppets (mit The Rascals-Sänger Miles Kane) auch sein Songwriting für die Haupt-Band nicht unbeeinflusst lassen wird, war zu erwarten gewesen.

"She was close, close enough to be your ghost/ But my chances turned to toast when I asked her if I could call her your name": Auch Turners Lyrik ist nicht mehr drastisch schildernd, reißt nur an, lässt Freiraum für Interpretation.

Unvorstellbar noch zu Zeiten des Debüts, dass ein Lied am Ende einfach outgefaded wird. Und wer hätte gedacht, dass die Arctic Monkeys einmal Songs schreiben, die mehrere Durchläufe brauchen, bis sie sich irgendwo festsetzen? Ein "Grower", um mal das Standard-Vokabular aus dem Rezensions-Baukasten zu bedienen.

Nicht mehr der Song an sich, die Umsetzung steht im Vordergrund. Und man stellt nicht ohne Erstaunen fest, dass die Musiker, die auf den großen Bühnen dieser Welt immer etwas verloren und hilflos wirkten, keinerlei Probleme haben, "breitbeinigen" Rock zu spielen.

Bislang dachte man, dass der Band alles fehlen würde, nähme man ihr Tempo, Druck und Dynamik. Doch die Ruhe und Lässigkeit steht den Jungs ausgezeichnet.

Ähnlich wie damals die Strokes, hat sich die Band entschieden, mit dem dritten Album einen völlig neuen Weg einzuschlagen. Und genauso wie den Strokes kann man ihren Nachkommen vorwerfen, diesen Schritt nicht ganz konsequent zu Ende gegangen zu sein: für drei Stücke hat die Band wieder den Ex-Produzenten ins Boot geholt. Tut dem Gesamteindruck aber keinen Abbruch.

Trackliste

  1. 1. My Propeller
  2. 2. Crying Lightning
  3. 3. Dangerous Animals
  4. 4. Secret Door
  5. 5. Potion Approaching
  6. 6. Fire And The Hud
  7. 7. Cornerstone
  8. 8. Dance Little Liar
  9. 9. Pretty Visitors
  10. 10. The Jeweller's Hand

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