laut.de-Kritik
I've been waiting for this moment for all my life.
Review von Stefan JohannesbergDie Lichter der Stadt spiegeln sich im Chrome, das Schwarz des Ferrari Spyders verschmilzt mit dem Nachtleben. Crocketts Handknochen krallen sich haltsuchend am Steuer fest, als Tubbs die Shotgun nachlädt, und über allen tönt: "I remember, don't worry / How could I ever forget? It's the first time, the last time we ever met." Vier Minuten, während derer die beiden Cops zum Showdown mit dem Drogenboss fahren, wissend, dass ihre Tarnung aufgeflogen ist. Vier Minuten, die Phil Collins' Drumfill erst so richtig weltberühmt machten. Das sieht auch New York-Rapper Rome Streetz so, als er bei seinem Gastauftritt auf dem siebten Kollabo-Projekt von Curren$y und Harry Fraud im Song "'86 Testarossa" folgende Zeilen droppt: "Hopping out 'Rari like Philip Michael Thomas or Collins."
Kleiner Nerd-Talk: Jener Ferrari Testarossa ist der zweite, den Don Johnson und Philipp Michael Thomas in der TV-Serie "Miami Vice" fahren. Der erste, der oben beschriebene schwarze Spyder, wird in einer denkwürdigen Folge Opfer einer Stinger-Rakete. Michael Manns "Miami Vice" setzte in den 80ern nicht nur mit dieser Kombination aus Musik und Film als TV-Serie popkulturell Maßstäbe. Allen Charakteren wohnte auch eine Coolness inne, sie wirkten in ihren Aktionen komplett stimmig und dank der Hochglanz-Ästhetik bis heute anziehend.
"'Vices' ist eine musikalische Hommage an die coolsten Bösewichte aus einer der besten Fernsehserien der 80er Jahre. Das Tape soll als Zeitkapsel aus einer Zeit dienen, die die Skyline von Miami prägte und eine ganze Subkultur hervorbrachte, die sich um Automobile und Mode dreht", so Curren$y zum Album mit Surfer-Producer-Weirdo Harry Fraud. Kein Wunder also, dass Veteran Curren$y und Synthie-Pop-Fan Fraud diesen Einfluss jetzt ins Studio trugen und sich schamlos austoben.
Vom "McCarthy"-Intro aus der gleichnamigen Folge sampelt sich Fraud durch Jan Hammers Serienmusik und 80er Jahre Soul-Synthie-Pop wie Lindsay Buckinghams "Go Crazy", Bryan Ferrys "Windswept", Simply Reds "Picture Book", Meat Loafs "Standing On The Outside" oder Public Image Ltds "The Order Of Death". Die Drums stampfen dick und ungelenk wie breitbeinige Poserluden, der immer wieder auftauchende, melancholische Saxophon-Sound symbolisiert die Einsamkeit von Cops und Gangstern (remember "Heat", anyone?), und Curren$y findet mit laidest Laid Back-Flow immer die richtigen "Living The High Life"-Zeilen.
Wie schrieb ich 2012 bei "Cigarette Boats", dem ersten Kollabo-Tape der beiden? "Bitte bildet eine Band! Auch wenn sich dieser Wunsch so altmodisch anhört, wie Vivienne Westwood aussieht: Currency flowt auf Harry Frauds Beat-Magie wie Budda. Fünf Tracks, fünf Songs des Jahres. Jeder ein Kleinod. Macht Alben zusammen und stellt euch in eine Tradition altehrwürdiger Duos wie Gang Starr, Eric B & Rakim, Mobb Deep oder EPMD!"
Danke. I've been waiting for this moment for all my life.
6 Kommentare mit einer Antwort
Mit der Serie hatte ich es nie aber umso mehr mit Curren$y. Wie immer kommt das Musica de Harry Fraud sample zu oft. Marble columns triggert mich schonmal ordentlich.
"You're a wizard, Harry" höre ich aber zur Abwechslung sehr gern
Rap Album des Jahres, es ist einfach so gut
Was hat Curren$y für eine Meinung zum Nahost-Konflikt?
Alle mal chillen, nix anderes
Paar coole Songs drauf.
Das war definitiv der Sommer Soundtrack. Zudem ist Harry der einzige Produzent bei all den Kollabos, der Spitta mal aus seine Lounge-Jazz Ecke herausholt und nicht schon in vorauseilendem Gehorsam „Curren$y Style Beats“ bereitstellt.