laut.de-Kritik
Solche Songs singt Thom Yorke beim Duschen.
Review von Franz MauererWer sie nicht mehr kennt: dEUS waren mal die etwas cooleren Elbow, Dad-Alternative mit exzellenten Lyrics und einer suaven, dynamischen Attitüde. Nach "Following Sea" war es das dann aber erstmal. Außer ein paar Auftritten kam nichts mehr von den Antwerpenern. Schlappe elf Jahre später kehren dEUS aber in der Besetzung des letzten Albums zurück und bleiben ihrem Weg insofern treu, als dass sie immer für eine Verschiebung des eigenen musikalischen Rahmens gut sind.
Schraubte "Following Sea" den Rockanteil im Sound konsequent nach unten, macht schon der hymnische Opener "Hot To Replace It" klar, dass die Belgier nicht altersmüde geworden sind und auch nicht an ihrem alten Fluch verzweifeln, nie wieder die Grandezza ihrer ersten Schaffensperiode um die 90er-Meisterwerke "The Ideal Crash" und "In A Bar, Under The Sea" erreicht zu haben. Völlig überzeugen kann der konstruiert wirkende Song auch wegen der angezogenen Handbremse zum kathartischen Schluss hin aber nicht.
Besser macht es das Albumhighlight "Must Have Been New", ein im besten Sinne flotter Alternative-Poprock mit großer Spiellust. "Man Of The House" erinnert einen zunächst daran, dass dEUS mit stampfenden Synthesizern in der Vergangenheit nicht immer gut zurechtkamen, hier entfaltet das Stück aber keine gezwungene Stadionatmosphäre, sondern geht bis auf die affigen Frauenstimmen-Einspielungen mehr als in Ordnung. Nerviger sind hier und auf dem nostalgischen, stark an Lanegan erinnernden "1989" die Baukastentexte von Barman, der sein eigenes Potenzial deutlich unterbietet (Tiefpunkt: die Phrasensammlung "Why Think It Over (Cadillac)".
Aber auch dort, wo die Songidee beim Hörer nicht gleich zündet wie auf "Faux Bamboo", öffnet sich mehrfach auch durch Barmans immer noch charismatische, einlullende Stimme und sein Gefühl für Rhythmik oft eine zweite, versöhnliche Ebene. "Dream Is A Giver" hat als Song eigentlich kaum etwas, den Belgiern reicht für einen ordentlichen Song aber Barman und etwas Fahrstuhlmusik im Hintergrund. Aber mehr springt so halt auch nicht dabei daraus, wenn man Songs wie "Pirates" als Pop-Rock supersafe spielt und erst zum Schluss hin etwas Leben in die Bude bringt.
Bandtiefpunkt ist "Simple Pleasures", eine fade, hingerotzte und gleichzeitig verkopft wirkende Nummer, in der Barman sich erkennbar keine Mühe geben will. Da fehlt jegliche Struktur, man kann sich kaum vorstellen, wie dieser lahme Track live vorgetragen werden soll. Auch "Never Get You High" mit seinem nervigen Santana-Gedächtnis-Rhythmus enttäuscht auf ganzer Linie und bringt dermaßen blutleer tatsächlich niemanden hoch. "Why Think It Over (Cadillac)" macht es zumindest besser, scheitert aber wie oben erwähnt an seinen Kindertexten. "Love Breaks Down" ist zwar nett anzuhören und sanft, gar lieblich, aber auch ohne besondere Idee. Solche Songs singt Thom Yorke beim Duschen. "Le Blues Polaire" stimmt hoffnungsfroh, wissen wir doch spätestens seit "Un Canadien Errant", dass sich französischsprachige Songs auf sonst englischsprachigen Alben gut machen. Und tatsächlich weist der Closer genau die Komplexität und Dynamik auf, für die dEUS zurecht berühmt geworden sind.
Insgesamt muss angesichts der Wartezeit die Enttäuschung über "How To Replace It" überwiegen. Denn natürlich waren die Hoffnungen da, dass Barman und Janzoons die Zeit für eine Rekalibrierung der ihr Genius verlustig gegangenen Band nutzen würden. Egal ob das übersteigert war, die stellenweise Langweile, die "How To Replace It" hervorruft, war so nicht zu erwarten. Dem Album fehlt sowohl der rote Faden als auch Mut.
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