laut.de-Kritik
Heavy-Klassiker auf Jazz.
Review von Toni HennigAm 12. Februar 1970 wird der junge Pianist Milton Keanes nach einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert. Am Folgetag sollte das Debüt "Jazz Sabbath" seiner gleichnamigen Truppe auf den Markt kommen. Das Label zieht, verunsichert von Keanes' Gesundheitszustand, die Veröffentlichung zurück. Doch eine Formation, die einige von Keanes Songs still und heimlich geklaut und aufgenommen hat, nutzt genau an diesem Tag die Gunst der Stunde und veröffentlicht das selbstbetitelte, erste Album: Black Sabbath. Die Band steigt stiegen in der Folge zu den Pionieren des Heavy Metals auf. Allerdings: Bei Jazz Sabbath handelt es sich um eine fiktive Band.
Mittlerweile weiß man, dass hinter dem Pseudonym Milton Keanes der Black Sabbath- und Ozzy Osbourne-Keyboarder Adam Wakeman steckt. "Jazz Sabbath" erschien dennoch erst vor zwei Jahren. Auf der Platte waren neben Wakeman auch Jerry Meehan alias Jacque T'fono am Bass, Ash Soan aka Juan Také an den Drums sowie diverse Sessionmusiker zu hören. In derselben Dreierbesetzung plus Studiomusiker entstand auch "Vol. 2", auf dem die Briten nun Kracher wie "Black Sabbath", "Paranoid" oder "N.I.B." in ein neues, jazziges Gewand hüllen.
Schon die Neueinspielung von "Paranoid" unterscheidet sich deutlich von den jenen YouTubern, die einfach nur die Originale mit Jazzinstrumenten eins zu eins nachspielen: Vom Original bleibt in Jazz Sabbaths Version lediglich die Hauptmelodie übrig. Ansonsten jazzt die neue Version bis auf eine kurze melancholische Passage in der Mitte so luftig vor sich hin, dass man Lust auf den Sommer bekommt. Trompeten-, Fender Rhodes- und Gitarrensoli runden das Stück ab.
Leichtfüßig lässt es die Band mit swingenden Rhythmen, hellem, spielfreudigem Klavier und einem schrulligen Orgelsolo, das direkt einer Helge Schneider-Platte entsprungen sein könnte, auch in "Snowblind" angehen. Mehr Nachdenklichkeit liegt in der Neuinterpretation von "Behind The Wall Of Sleep", wenn zurückgenommenes Bass- und Schlagzeugspiel auf nächtlich anmutende Klaviersounds treffen. Gegen Mitte des Tracks schlägt die Stimmung mit schnellen Rhythmen und bluesigen Akkorden mehr um.
Die Neueinspielung von "Sabbra Cadabra" wartet mit verspielten modalen Jazzklängen auf und könnte direkt aus den 60ern stammen. "Symptom Of The Universe" funktionieren die Briten mit federnden Rhythmen, melancholischen Pianoakkorden und sanften 60s-Bläsern zu einem romantischen Stück Nachtmusik um. Ungleich melodischere Töne schlagen sie in "N.I.B." an, wenn hämmernde Pianoklänge, swingende Schlagzeug- und Basssounds, bluesige Gitarreneinschübe sowie ein Klarinettensolo zu vernehmen sind.
Am Ende wird es dann doch noch düster: Die unheimliche Grundstimmung von "Black Sabbath" behält die Formation bei, ohne dass man zwischenzeitlich auf lässige Töne verzichten würde. Trotz der fiktiven Bandgeschichte und ihrer Tendenz zur Schrulligkeit beweisen Jazz Sabbath auf "Vol. 2" erneut, wie musikalisch ernst man sie nehmen muss.
1 Kommentar
Ich höre die CD als Jazz-Album und als dieses überzeugt es mich nicht. Das Piano kommt gehackt daher, die Rhythmus-Section meist wenig inspiriert. Maximal 2 Sterne. Der zweite Teil der CD ist etwas dynamischer und gefällt mir besser.