laut.de-Kritik

Guter Rock braucht keinen langen Bart.

Review von

Der Tochter eines Engländers und einer Französin gelingt der Spagat aus Blues und Rock, ohne einer Richtung den Vorzug zu geben. Da sag mal einer, Ale und Rotwein passen nicht zusammen, wobei Laura Cox eigenen Angaben zufolge morgens Kakao und abends Bier aus dem Eisfach trinkt. Garniert mit amerikanischen Einflüssen wie Country hebt Laura Cox selbstbewusst ihr eigenes Genre aus der Taufe: Southern Hard Rock. Das Banjo verfeinert das zarte "Classy Days" wie die treibende Single "So Long".

Laura Cox ist 32 Jahre alt und referiert insbesondere die Dekaden, die sie nur vom Hörensagen kennt. Da wären die Siebziger, die Hochzeit des Classic Rock, ergänzt um ein wenig Glam Rock und Disco-Glitter wie in "Wiser". Dass die über Youtube bekannt gewordene singende Gitarristin kein One Hit Wonder ist und sich den Blues zu eigen macht, spiegelt einen gewissen Trend wider.

Wie die Kolleginnen von Larkin Poe, die jedoch tiefer im Blues wurzeln, die flippige Samantha Fish oder das Punk-Duo Bones UK adaptieren die jungen Frauen nicht nur das 'Alte weiße Männer-Ding', sondern machen es sich mit Gespür für aktuelle Themen und eigene Stilprägungen zu eigen. "Before We Get Burned" solidarisiert sich mit Fridays For Future und Greta Thunberg.

Dass ein Versteckspiel hinter Genre-Größen wie AC/DC nicht notwendig ist, zeigt die Kategorie Southern Hard Rock, die für die Cox reserviert ist. Die Tracks selbst sind häufig mit kleinen Spielereien gespickt, die dem Abgeh- und Ohrwurmfaktor noch eine Portion Langlebigkeit hinzufügen. "One Big Mess" läuten majestätische und raumgreifende Akkorde ein.

Gänzlich ohne Southern, Americana oder Blues-Einflüsse kommt das Highlight der Platte daher: Das in Sachen Tempi kontrastierende "Fever" vermählt Classic Rock und Proto Metal. So trocken und puristisch die Produktion tönt, so roh und ungezügelt klingt "Fever", bestens zur verschwitzten Live-Darbietung im Club geeignet.

Dazu passt, dass die Band die Rhythmusspuren live in den ICP Studios in Brüssel aufgenommen hat. Einzig Solo-Overdubs und Vocals fügte die Band separat hinzu. Den gewachsenen Anspruch unterstreicht die Wahl von Ted Jensen (Eagles, Rolling Stones), der die Platte gemastert hat.

Mit dem dritten Album rockt es sich besser. "Head Above Water" führt die Denke des Vorgängers "Burning Bright" weiter und legt in Sachen Vielseitigkeit und Härte noch eine Schippe drauf. Ungekünstelt, charmant und technisch versiert, beweist Laura Cox, dass Rock keinen langen Bart benötigt.

Trackliste

  1. 1. Head Above Water
  2. 2. So Long
  3. 3. One Big Mess
  4. 4. Set Me Free
  5. 5. Old Soul
  6. 6. Wiser
  7. 7. Before We Get Burned
  8. 8. Seaside
  9. 9. Fever
  10. 10. Swing It Out
  11. 11. Glassy Day

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