laut.de-Kritik
"Blade Runner"-Sounds mit Dave Gahan und Black Rebel Motorcycle Club.
Review von Michael SchuhProjektname Null + Void, der Künstler dahinter heißt Kurt Uenala - bei wem jetzt irgendwelche Alarmglocken schrillen, darf sich stolz Electro-Nerd nennen. Denn Uenala ist ein Mann, der ausschließlich hinter den Kulissen agiert und nur in kleingedruckten Album-Credits auftaucht, die im Spotify-Zeitalter sowieso kaum mehr einer liest.
Unspektakulär ist auch das graue Cover zu seinem Soloprojekt, in dessen Credits nun allerdings Namen auftauchen wie Dave Gahan, Black Rebel Motorcycle Club und The Big Pink. Man ahnt also schon, dass der gelernte Cellist aus der Schweiz keine kleine Nummer sein kann. In seiner Wahlheimat New York erfreut sich der Produzent seit seiner Mitarbeit an Mobys Album "Hotel" 2005 größerer Bekanntheit.
Dass man Kurt nicht mehr als den Bruder des Celtic Frost-Gitarristen Erol Uenala bezeichnet, verdankt er auch Depeche Mode-Sänger Dave Gahan, mit dem er Songs für "Playing The Angel" und später für "Hourglass" und "Delta Machine" verfasste und seither zum engen Zirkel der Band gehört.
Dass solche Promi-Bekanntschaften noch keine Vorschusslorbeeren für eigene Solo-Großtaten bedeuten, musste vor Jahren schon Depeche Mode- und The Cure-Intimus Daryl Bamonte ("Nameless", Compact Space) erfahren. Uenala beweist hier deutlich mehr Talent.
Vor allem der von Gahan eingesungene Track "Where I Wait" liefert all das, was die aktuelle DM-Platte "Spirit" nicht im Angebot hatte: Dunkel funkelnde Elektronik-Sounds und atmosphärische Melancholie, veredelt mit der nicht ständig ins Drama kippenden Stimme des Meisters. Die perfekt gesetzten Streicher-Arrangements stammen von isländischen Instrumentalisten, die auch auf Björks Alben "Vulnicura" und "Homogenic" vertreten sind, die weibliche Backgroundstimme Sharin Foo von den Raveonettes.
Um diesen Standout-Track herum bastelte Uenala aber einiges an spannendem, "Blade Runner"-würdigem Material. Peter Hayes vom BRMC eröffnet die Platte mit mantrahaftem Gesang in "Falling Down", passend zu den sich lethargisch nach vorne schiebenden Sounds. Im folgenden "Into The Void" ohne Gastgesang rückt dann der Produzent seinen Maschinenpark in den Vordergrund. "Asphalt Kiss" legt dann deutlich seine Liebe zu Detroit Techno offen.
Die Kollabo mit The Big Pink ("Take It Easy") ist eine unerwartet warme Indietronic-Geschichte, während die schon länger in der Versenkung verschwundenen New Yorker Gruft-Funker Light Asylum dem Album in "Hands Bound" gegen Ende noch für böse Kanten abschleifen. Gutes Projekt.
3 Kommentare mit einer Antwort
Top Album, hoffe da kommt noch mehr.
Da fragt man sich schon, nach den belanglosen letzten Alben von DM, was der Unterschied zwischen denen und "Where I wait" ist....
Der Unterschied ist, dass "Where I wait" ein super Song ist und DM leider längst nicht mehr so gute Songs schreiben.
Hab nach der Rezension leider mehr erwartet. Phasenweise besticht der Sound der Platte, andererseits kann man es nicht mit dem Soundtrack zu Blade Runner vergleichen, der mich emotional doch mehr mitgenommen hat.