laut.de-Kritik

Trotz Alienbesuch und Superman: Live bleiben die Berliner unerreicht.

Review von

Witzig sind sie, inhaltlich wie musikalisch einfallsreich, weltoffen - und sie rocken wie Schwein. Eigentlich erfüllen die Ohrbooten gleich mehrere Wünsche auf einmal - bis auf einen: eine adäquate Konservierung ihrer Live-Qualitäten.

Die quirlige Combo bekommt ihre "Grüße aus der Hauptstadt" einfach nicht angemessen auf Platte gebannt. Vielleicht liegt die Latte nach einmal genossener Bühnenshow schlicht zu hoch: Die Studio-Version wirkt im Vergleich wie entkoffeiniert. Es will nicht knallen. Jedenfalls nicht so, wie es sollte.

Über fehlenden Rumms tröstet Detailfülle leidlich hinweg. Bereits früher zelebrierte Vielseitigkeit erweitert das Quartett um eine unverkennbar orientalische Note, die sich nicht nur im Cover-Artwork, sondern auch in der Melodieführung niederschlägt.

Dazu gesellen sich bewährte Ska- und Dancehall-Rhythmen, die "Mit Dem Kopf Durch Die Wand"-Attitüde des Punk, spanisch angehauchte Gitarren ("A Nice Day To Die") und eine Handvoll Kinderlied-tauglicher Ohrwürmer. Für einen Love-Tune wie "100 Mal Am Tag" greifen die Ohrbooten dann wieder in die Reggae-Trickkiste.

Lässiger Akustikgitarrensound beherrscht "Stadtstaub" mit all seinen in Schlagwort-Aneinanderreihungen gefassten Alltäglichkeiten und Routinen. Die lassen sich, tritt man einen Schritt zurück und sieht ein zweites Mal hin, gleich entspannter angehen.

Mit der Ruhe ist es umgehend vorbei, sobald Post vom Amt ins Haus flattert: Sound gewordener Unmut, flankiert von irren Backgroundgesängen, stampft durch "Feuer" und schürt pyromanische Fantasien, die wohl jeder nachvollziehen kann, dem Papierkrieg mit Behörden vertraut ist: "Für euch hab' ich nur noch meinen Bunsenbrenner."

Weniger breit als die Themenvielfalt - neben "Superman" schaut in "Nachricht Vom Anderen Stern" auch noch ein Alien mit einem dringenden Bedürfnis vorbei - fächert sich die gesangliche Darbietung. Ben Pavlidis rappt, ungebrochen näselnd, auf Dauer zwar ein wenig einförmig, trotzdem aber ordentlich.

Am Ende beißt die Maus aber doch keinen Faden ab: Die Ohrbooten muss man live hören.

Trackliste

  1. 1. Gyp Hop
  2. 2. Mit Dem Kopf Durch Die Wand
  3. 3. Special Guest
  4. 4. Es Ist OK
  5. 5. 100 Mal Am Tag
  6. 6. Freier Fall
  7. 7. Nachricht Vom Anderen Stern
  8. 8. Nice Day To Die
  9. 9. Superman
  10. 10. Wieder Wach
  11. 11. Stadtstaub
  12. 12. Feuer

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Ohrbooten – Gyp Hop €9,99 €3,00 €12,99

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Ohrbooten

Reggae aus der Hauptstadt besitzt einen guten Klang. Spätestens seit Seeed steht fest, dass das dicke B weit mehr zu bieten hat als das Elend in den …

5 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Special Guest und Nachricht vom anderen Stern sind etwas überflüssig, sonst vermag es schon zu gefallen. An Spieltrieb kommt das Album selbstverständlich nicht ran, ich freu mich aber schon auf die Clubtour :)

  • Vor 15 Jahren

    Keine Ahnung ob die Platte gut ist und die Musik der Ohrbooten ist mit Sicherheit gewöhnungsbedrürftig, was man den Ohrbooten aber wahrlich nicht abstreiten kann ist sind jawohl die Live-Quialitäten.

    Live sind die der HAMMER, einfach mal Hammergeil.

    by flinker hase

  • Vor 15 Jahren

    Culcha Candela sollten hier mal schauen, wie man spaßig und trotzdem nicht niveaulos zu sein unter einen Hut bekommt.

  • Vor 15 Jahren

    @Vicious! (« Culcha Candela sollten hier mal schauen, wie man spaßig und trotzdem nicht niveaulos zu sein unter einen Hut bekommt. »):

    Ja ja die liebe Band "Culcha Candela". Seeed macht eine Pause -> Culcha Candela kommt -> Seeed kommt wieder -> Culcha Candela geht.
    Die Messlatte die Seeed auferlegte ist verdammt hoch.

    Aber wir sind ja hier in einem Ohrbooten Thread, "Spielbetrieb" fand ich auch besser als "Babylon bei Boot". Was schön ist bei den Ohrbooten, Spielbetrieb höhrt sich anders an als Babylon by Boot und Gyp Hop wird wieder ein Hop anders sein als Babylon by Boot. gut so, weiter machen.

    by flinker hase